02.07.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zu den Rechtsfolgen bei Verzögerung der Übergabe des Wohnobjektes durch den Verpflichteten nach Zuschlagerteilung

Verzögert ein Verpflichteter den Eintritt der Rechtskraft einer Zuschlagserteilung und damit die Übergabe eines Wohnobjekts erfolglos, hat er keinen Rechtstitel zur Weiterbenützung desselben und daher Benützungsentgelt an den Ersteher zu zahlen


Schlagworte: Exekutionsrecht, Versteigerung, Zuschlagerteilung, Verzögerung, Benützungsentgelt
Gesetze:

§ 156 EO, § 1431 ABGB

GZ 1 Ob 164/08m, 31.03.2009

OGH: Nach der Judikatur wird ein Benützungsentgelt (nur) dann nicht geschuldet, wenn nach der Zuschlagserteilung eine alsbaldige Übergabe erfolgte. Verzögert dies ein Verpflichteter - aus welchem Grunde immer, aber in der Hauptsache erfolglos -, nimmt er die Liegenschaft ohne jeden Rechtstitel in Anspruch. Wenn im vorliegenden Fall auch die Verzögerung der Übergabe der Liegenschaft an den Kläger durch die Beklagten nicht mutwillig erfolgt sein mag, so ändert dies nichts daran, dass kein Rechtstitel für eine (unentgeltliche) Weiterbenützung der Liegenschaft durch die Verpflichteten (Beklagten) ab Erteilung des Zuschlags, jedenfalls aber ab Erfüllung aller Versteigerungsbedingungen bestand.

Der Ersteher erwirbt im Zwangsversteigerungsverfahren sofort mit Erteilung des Zuschlags und nicht erst mit dessen Rechtskraft das auflösend bedingte Eigentum am zugeschlagenen Objekt; der Aufschub der Besitzeinweisung des Erstehers dient (lediglich) der Verhinderung von praktischen Schwierigkeiten, die mit einer mehrfachen Besitzübergabe und wieder Besitzenthebung verbunden wären. Nur insoweit erfolgt also eine Einschränkung der Eigentümerbefugnisse. Die aus § 356 Abs 1 EO ableitbare Zuweisung des Vermögenswerts bleibt ansonsten unberührt. Im Übrigen genießt der Besitz - hier des Beklagten bis zur Rechtskraft des Zuschlags an den Kläger - nur zwecks Erhaltung der Friedensordnung Schutz, nicht aber wegen der Zuweisung des Vermögenswerts an den Besitzer.

Diese Erwägungen führen zum Ergebnis, dass dem Kläger jedenfalls dem Grunde nach Benützungsentgelt (samt Betriebskosten) für die weitere Benützung der erstandenen Liegenschaft(-santeile) durch den Beklagten zusteht.