04.08.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob die gegenseitige und gleichzeitige Einräumung von Belastungs- und Veräußerungsverboten auf Liegenschaftshälften eine unentgeltliche Rechtshandlung iSd § 29 Z 1 KO ist

Die gegenseitige und gleichzeitige Einräumung von Belastungs- und Veräußerungsverboten auf Liegenschaftshälften stellt keine unentgeltliche Rechtshandlung iSd § 29 Z 1 KO dar


Schlagworte: Insolvenzrecht, Anfechtung, Unentgeltlichkeit, Belastungs- und Veräußerungsverbot
Gesetze:

§ 29 KO

GZ 3 Ob 2/09d, 19.05.2009

OGH: Eine für die Anfechtbarkeit nach § 29 Z 1 KO erforderliche unentgeltliche Leistung (Verfügung) setzt voraus, dass Zweck der Leistung eine Freigiebigkeit ist. Erforderlich ist also als subjektives Element der Wille des Verfügenden zur Freigiebigkeit, es soll also seine Verfügung nicht von einer Gegenleistung abhängig sein. Das Vorliegen einer unentgeltlichen Verfügung, also auch das Merkmal der Unentgeltlichkeit selbst, ist vom Anfechtenden zu beweisen. Zur Frage, ob eine entgeltliche Verfügung vorliegt, wird ausgeführt, dass das Vorhandensein eines (angemessenen) Entgelts die Anfechtbarkeit ausschließt. Demgemäß liegt Unentgeltlichkeit vor, wenn einer Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine wirkliche Gegenleistung gegenübersteht.

Auch wenn das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, dass der Vertrag des Gemeinschuldners mit der Beklagten keinen Rechtsgrund für die Einräumung der Verbote nennt und auch eine synallagmatische Verknüpfung nicht ausdrücklich vereinbart wurde, führt doch die Erwägung desselben zu dem paradoxen Ergebnis, dass seiner Ansicht nach die Ehegatten einander jeweils unentgeltlich Belastungs- und Veräußerungsverbote für gleich große ideelle Liegenschaftsanteile an derselben Liegenschaft eingeräumt hätten, dass aber keine "konditionale und kausale Verknüpfung" zwischen den beiden Rechtseinräumungen bestünde. Bei Vorliegen nach außen völlig getrennter Verträge (Schenkung und Darlehen) wurde die Beurteilung vorgenommen, es handle sich in Wahrheit nur um einen Vertrag, nämlich einen Kaufvertrag. Schon mangels eines entsprechenden Beweises durch den klagenden Masseverwalter ist daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Rechtseinräumung gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner durch die gleichartige Rechtseinräumung des anderen bedingt und mit dieser synallagmatisch verknüpft war.

Nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen zu den subjektiven Erwägungen der Vertragspartner hatten diese allein die Absicht, eine wechselseitige Absicherung der Wohnsituation im Fall einer Scheidung zu garantieren, dies auch besonders für die vier gemeinsamen Kinder. Auch daraus lässt sich eine Freigiebigkeit der Leistung des Gemeinschuldners an seine Ehefrau nicht ableiten.