09.06.2015 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Wirkung von Ist-Lohn-Erhöhungen im Beschäftiger-Kollektivvertrag bei Arbeitskräfteüberlassung

Jährliche Ist-Lohn-Erhöhungen auf den überkollektivvertraglichen Lohn laut Beschäftiger-Kollektivvertrag fallen nicht in den Schutzbereich des § 10 Abs 1 Satz 3 AÜG


Schlagworte: Arbeitskräfteüberlassung, Ist-Lohn-Erhöhung, Gleichbehandlungsgebot
Gesetze:

 

§10 AÜG, Art 5 Leiharbeits-RL (2008/104/EG)

 

GZ 8 ObA 18/14a [1], 24.03.2014

 

OGH: Nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG hat die Arbeitskraft Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt. Nach § 10 Abs 1 Satz2 AÜG bleiben Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, unberührt. Mit der Wendung „angemessen, ortsüblich“ in Satz 1 werden die nur für den Fall des Fehlens einer kollektivvertraglichen Entgeltregelung heranzuziehenden Kriterien angesprochen. Für das Grundentgelt ist damit in erster Linie eine für den Überlasserbetrieb geltende kollektivvertragliche Regelung maßgebend. Dabei ist davon auszugehen, dass ein für den Überlasserbetrieb normativ geltender Kollektivvertrag die Angemessenheit des überlassungsunabhängigen Grundentgeltanspruchs der Arbeitskraft konkretisiert. Lediglich dann, wenn kein Kollektivvertrag für den Überlasserbetrieb besteht, ist der Grundanspruch nach Satz 1 zu bestimmen. Mit Satz 2 wird demnach ein Vorrang des normativ anzuwendenden Überlasser-Kollektivvertrags festgelegt.

 

Überkollektivvertragliche Ist-Löhne im Beschäftigerbetrieb fallen nicht in den Schutzbereich des § 10 Abs 1 Satz 3 AÜG. Dies gilt gleichermaßen für periodische Ist-Lohn-Erhöhungen laut Beschäftiger-Kollektivvertrag für über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn liegende Entgelte.

 

Nach dem in Art 5 Abs 1 der Leiharbeits-Richtlinie (2008/104/EG) normierten Gleichbehandlungsgebot sollen Leiharbeitskräfte in Bezug auf die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen so behandelt werden wie Arbeitnehmer, die unmittelbar im Beschäftigerbetrieb eingestellt worden wären. Art 5 Abs 2 und vor allem Abs 3 der RL sehen jedoch bestimmte Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten vor, von dem in Art 5 Abs 1 normierten Gleichbehandlungsgebot abweichende Regelungen zu treffen. Nach den Materialien genügt für eine Abweichung auf Seiten des Überlassers jeder bestehende Überlasser-Kollektivvertrag.