01.10.2009 Verfahrensrecht

OGH: Gerichtsstandsvereinbarungen im internationalen Seerecht kraft Handelsbrauch

Im internationalen Seerecht besteht ein Handelsbrauch darüber, dass in Konnossemente Gerichtsstandsklauseln aufgenommen werden


Schlagworte: Europäisches Zivilprozessrecht, Gerichtsstandsvereinbarung, Handelsbrauch
Gesetze:

Art 17 LGVÜ, Art 23 EuGVVO, § 269 ZPO

GZ 7 Ob 18/09m, 08.07.2009

OGH: Der EuGH hat sich am 16. 3. 1999 in der Rechtssache Rs C-159/97, Transporti Castelletti Spedizioni Internazionali SpA gegen Hugo Trumpy SpA, mit der Frage der Geltung einer Gerichtsstandsvereinbarung kraft Handelsbrauchs auseinandergesetzt. Er vertrat die Rechtsansicht, dass die Einigung der Vertragsparteien über die Gerichtsstandsklauseln vermutet werde, wenn ihr Verhalten einem Handelsbrauch in dem Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspreche, in dem die Parteien tätig seien und wenn ihnen dieser Handelsbrauch bekannt sei oder als ihnen bekannt angesehen werden müsse. Die Kenntnis des Handelsbrauchs bei den ursprünglichen Parteien der Gerichtsstandsvereinbarung sei zu prüfen. Diese Kenntnis stehe unabhängig von jeder besonderen Form der Publizität fest, wenn in dem Geschäftszweig, in dem die Parteien tätig seien, bei Abschluss einer bestimmten Art von Verträgen ein bestimmtes Verhalten allgemein und regelmäßig befolgt werde und daher als konsolidierende Praxis angesehen werden könne. Diese Grundsätze sind auch für das LGVÜ beachtlich.

Grundsätzlich ist das Bestehen eines Handelsbrauchs eine Tatfrage. Tatsachen, die offenkundig sind, bedürfen aber keines Beweises (§ 269 ZPO). Dass im internationalen Seerecht ein Handelsbrauch darüber besteht, dass in Konnossemente Gerichtsstandsklauseln aufgenommen werden, ist allgemein anerkannt und kann als notorisch gelten. Es wurde also iSd Art 17 LGVÜ kraft Handelsbrauchs die Gerichtsstandsvereinbarung wirksam geschlossen.