23.10.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts iSd Art 19 EuGVVO bei Verrichtung der Tätigkeit in mehreren Staaten

Erfüllt der Arbeitnehmer die Verpflichtungen aus seinem Arbeitsvertrag in mehreren Vertragsstaaten, ist als maßgeblicher Ort jener anzusehen, an dem er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt


Schlagworte: Europäisches Zivilprozessrecht, internationale Zuständigkeit, Arbeitsachen, Arbeitsort
Gesetze:

Art 19 EuGVVO

GZ 9 ObA 52/08z, 04.08.2009

OGH: Gem Art 19 Nr 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat, "verklagt" werden. Gem Art 19 Nr 2 EuGVVO kann der Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet hat oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat (lit a), oder wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat (lit b). Neben der Klagemöglichkeit am allgemeinen Gerichtsstand des Arbeitgebers nach Art 19 Nr 1 EuGVVO eröffnet Art 19 Nr 2 EuGVVO somit einen besonderen Vertragsgerichtsstand. Der Begriff des "gewöhnlichen Arbeitsortes" ist autonom auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist darunter jener Ort zu verstehen, an dem der Arbeitnehmer die mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Tätigkeiten tatsächlich ausübt. Das ist jener Ort, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber hauptsächlich erfüllt. Erfüllt der Arbeitnehmer die Verpflichtungen aus seinem Arbeitsvertrag in mehreren Vertragsstaaten, ist als maßgeblicher Ort jener anzusehen, an dem er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt. Dabei ist grundsätzlich die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses für die Bestimmung des Ortes, an dem der Betroffene iSd genannten Vorschrift gewöhnlich seine Arbeit verrichtet hat, zu berücksichtigen. Mangels anderer Kriterien ist das der Ort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit geleistet hat.