19.11.2009 Verfahrensrecht

OGH: Verhältnis des § 32 Abs 1 UrhG zu § 20b AO

Aus § 32 Abs 1 UrhG kann nicht der Schluss gezogen werden, dass bei Einräumung nicht ausschließlicher Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte die Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften über noch nicht erfüllte zweiseitige Verträge ausgeschlossen sei


Schlagworte: Insolvenzrecht, Ausgleichsverfahren, Vertrag, Rücktritt, Erfüllung, Urheber, Werknutzungsberechtigung
Gesetze:

§ 32 UrhG, § 20b AO

GZ 4 Ob 135/09w, 08.09.2009

OGH: Ist ein zweiseitiger Vertrag vom Schuldner und dem anderen Teil bei Eröffnung des Ausgleichsverfahrens noch nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Schuldner nach § 20b AO entweder den Vertrag erfüllen und vom anderen Teil Erfüllung verlangen oder mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters innerhalb eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses vom Vertrag zurücktreten. Diese Bestimmung ist - ebenso wie § 21 KO - insbesondere auf alle Dauerschuldverhältnisse anwendbar, die nicht unter eine speziellere Regelung (etwa für Bestand- oder Arbeitsverträge) fallen.

§ 32 Abs 1 UrhG steht der Anwendung von § 20b AO nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist bei Einräumung ausschließlicher Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte die Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften über noch nicht erfüllte zweiseitige Verträge nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Urheber dem Werknutzungsberechtigten das zu vervielfältigende Werkstück bereits vor Einleitung des Insolvenzverfahrens übergeben hatte. Daraus könnte der (Gegen )Schluss gezogen werden, dass dies bei Einräumung anderer Verwertungsrechte nicht zutreffe; hier sei daher bei Übergabe des für die Verwertung erforderlichen Werkstücks vollständige Erfüllung anzunehmen, was die Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften über beiderseits noch nicht erfüllte Verträge ausschließe. Ein solcher Gegenschluss wäre aber methodisch verfehlt. Denn § 32 Abs 1 UrhG hat - anders als § 32 Abs 2 UrhG mit dem dort angeordneten besonderen Rücktrittsrecht des Urhebers - nur klarstellende Bedeutung. Die Regelung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass sich die Verpflichtung des Urhebers bei Einräumung eines Verwertungsrechts gerade nicht auf die Übergabe des für die jeweilige Verwertung bestimmten Werkstücks erschöpft. Ein Grund, hier zwischen verschiedenen Verwertungsarten zu unterscheiden, ist nicht zu erkennen.