03.12.2009 Verfahrensrecht

OGH: Gerichtsstandsvereinbarungen aufgrund eines Handelsbrauchs

Die in Art 23 Abs 1 lit c EuGVVO geregelte Formalternative verzichtet nicht auf eine Willenseinigung der Vertragsparteien, vermutet aber eine solche, wenn in dem betreffenden Geschäftszweig ein Handelsbrauch über die Form von Gerichtsstandsvereinbarungen besteht, die die Parteien kannten oder kennen mussten


Schlagworte: Europäisches Zivilprozessrecht, Zuständigkeit, Gerichtsstandsvereinbarung, Handelsbrauch
Gesetze:

Art 23 EuGVVO

GZ 1 Ob 146/09s, 08.09.2009

OGH: Die Regelung des Art 23 Abs 1 EuGVVO über Gerichtsstandsvereinbarungen entspricht im Wesentlichen der in Art 17 EuGVÜ enthaltenen Vorgängerbestimmung. Die in der Rechtsprechung des EuGH zu Art 17 EuGVÜ entwickelten Kriterien sind daher auch auf die Nachfolgebestimmung zu übertragen. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung setzt nach der Rechtsprechung des EuGH eine tatsächliche übereinstimmende Willenserklärung der Parteien voraus, die klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen ist. Es soll vor allem gewährleistet sein, dass Zuständigkeitsvereinbarungen nicht unbemerkt Inhalt des Vertrags werden.

Die in Art 23 Abs 1 lit c EuGVVO geregelte Formalternative verzichtet nicht auf eine Willenseinigung der Vertragsparteien, vermutet aber eine solche, wenn in dem betreffenden Geschäftszweig ein Handelsbrauch über die Form von Gerichtsstandsvereinbarungen besteht, die die Parteien kannten oder kennen mussten. Die Kenntnis eines Handelsbrauchs steht unabhängig von jeder besonderen Form der Publizität fest, wenn in dem Geschäftszweig, in dem die Parteien tätig sind, bei Abschluss einer bestimmten Art von Verträgen ein bestimmtes Verhalten allgemein und regelmäßig befolgt wird. Das Bestehen und die Branchenüblichkeit eines Handelsbrauchs sind Tatfragen. Die Beweislast für sein Vorliegen trifft den Kläger, der sich darauf beruft.