22.12.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob die Ausschreibung der Bestellung eines Geschäftsführers einer GmbH nach dem Stellenbesetzungsgesetz dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist

Die Bestellung eines Geschäftsführers einer GmbH und die allenfalls nötige, vorgelagerte Ausschreibung dieser Stelle nach dem Stellenbesetzungsgesetz ist dem Privatrecht zuzuordnen


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Zulässigkeit des Rechtsweges, Stellenbesetzungsgesetz, Selbstbindungsgesetze
Gesetze:

§ 1 JN

GZ 7 Ob 119/09i, 30.09.2009

OGH: Für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs sind ausschließlich die Klagsbehauptungen maßgeblich. Entscheidend ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ohne Einfluss ist hingegen, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist. Es kommt nur darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben. Für die Frage, ob der Streitgegenstand nach privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist, ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens entscheidend, es muss aber auch die Natur des geltend gemachten Anspruchs berücksichtigt werden. Nach stRsp des VfGH kommt es für die Abgrenzung des Gebiets der Privatwirtschaftsverwaltung von dem der Hoheitsverwaltung auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit nicht an, entscheidend ist vielmehr, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt. Hat der Gesetzgeber den Verwaltungsträger mit keinen Zwangsbefugnissen ausgestattet, so liegt keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor.

Werden - wie im vorliegenden Fall im Stellenbesetzungsgesetz - bestimmte Verhaltenspflichten des Bundes geregelt, sind dies Selbstbindungsgesetze. Selbstbindende Normen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung sind ein Katalog von Verhaltenspflichten für die öffentliche Hand, von denen im Fall öffentlicher Bekanntgabe oder allgemeiner Zugänglichkeit jedermann weiß, dass die Verwaltungsorgane diese Verpflichtungen einzuhalten haben. Bei Missachtung dieser Selbstbindungsnormen kommt es zur Verletzung des Gleichbehandlungsgebots/Diskriminierungsverbots, werden doch Interessenten, die auf die gesetzeskonforme Ausschreibung vertrauen dürfen, daran gehindert, sich rechtzeitig zu bewerben. Die Ausschreibung dient dem Schutz des Bewerbers. Die sog "Fiskalgeltung der Grundrechte" für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt. Darunter versteht man, dass der Staat und die anderen Gebietskörperschaften auch dann an die Grundrechte gebunden sind, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechts handeln, handeln sie doch nur im öffentlichen Interesse. Die von Gebietskörperschaften im Rahmen der Privatwirtschaft gesetzten Eingriffe in Grundrechte können Grundlage für zivilrechtliche Ansprüche sein.

Legt man diese Erwägungen zugrunde, ist der Auffassung, dass der Bund bei der Ausschreibung wie jeder andere private Eigentümer einer Gesellschaft handle, zu folgen. Durch die Ausschreibung vor dem ohne Zweifel privatrechtlichen Bestellungsakt soll nur sichergestellt werden, dass der am besten geeignete Kandidat auf die Bewerbung aufmerksam wird, sich bewirbt und in der Folge ausgewählt werden kann. Die Bestellung eines Geschäftsführers einer GmbH und die allenfalls nötige, vorgelagerte Ausschreibung dieser Stelle nach dem Stellenbesetzungsgesetz ist daher dem Privatrecht zuzuordnen.