18.03.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob die die in § 13 AO angeordnete Grundbuchssperre nur für richterliche Absonderungsrechte gilt

Die in § 13 AO angeordnete Grundbuchssperre gilt nicht nur für richterliche, sondern auch für vertragliche Absonderungsrechte


Schlagworte: Ausgleichsverfahren, Grundbuchssperre, vertragliches Absonderungsrecht
Gesetze:

§ 10 AO, § 13 AO

GZ 5 Ob 153/09z, 24.11.2009

OGH: Jene Rechtsprechung und Lehre, die die in § 13 AO angeordnete Grundbuchssperre nur für nach § 10 Abs 1 AO unzulässige Eintragungen, also nur für richterliche Absonderungsrechte gelten lassen will, beruht auf einer vom völlig klaren Gesetzeswortlaut abweichenden, einschränkenden Auslegung erstgenannter Bestimmung. Die teleologische Reduktion soll der "ratio legis" gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung verschaffen. Eine teleologische Reduktion setzt den klaren Nachweis voraus, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den "eigentlich gemeinten" Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Voraussetzung wird von besagter Rechtsprechung und Lehre nicht nachgewiesen und sie liegt auch nicht vor.

§ 13 AO stimmt sowohl nach Wortlaut als nach seiner systematischen Stellung mit § 13 KO überein und wurde rechtsgeschichtlich letztgenannter Bestimmung der historisch älteren Konkursordnung "nachgebaut". Es entspricht völlig einheitlicher Rechtsprechung, dass § 13 KO keineswegs eingeschränkt nur für richterliche Absonderungsrechte gelte, wiewohl auch in der Konkursordnung mit § 10 Abs 1 KO eine dem § 10 Abs 1 AO gleichlautende Regelung existiert. Dieser Gesichtspunkt spricht also wohl für ein gleichsinniges Verständnis beider Bestimmungen.

Das in Wahrheit einzige Argument für die von einem Teil der Rechtsprechung und Lehre vorgenommene teleologische Reduktion der in § 13 AO nach seinem Wortlaut generell angeordneten Grundbuchssperre nur auf die nach § 10 Abs 1 AO unzulässigen Eintragungen besteht im Hinweis auf die unterschiedlichen Auswirkungen der Eröffnung des betreffenden Insolvenzverfahrens auf die Verfügungsfähigkeit des Schuldners (§§ 1, 3 KO bzw § 8 AO) Tatsächlich kann aber genau dieser Gesichtspunkt der Regelung des § 13 KO jedenfalls nicht entscheidend zugrunde liegen, weil diese ja gerade nicht auf den Zeitpunkt der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Gemeinschuldners, sondern ausschließlich auf den Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs abstellt. Die Grundbuchssperre nach § 13 KO gilt ja auch dann, wenn der die Eintragungsgrundlage bildende Vertrag längst vor Eröffnung des Konkursverfahrens abgeschlossen (errichtet) worden war, also zu einer Zeit zu der der spätere Gemeinschuldner noch nicht gem §§ 1 Abs 1, 3 Abs 1 KO in seiner Verfügungsfähigkeit beschränkt war.

Nun lässt sich - nach dessen Wortlaut und systematischer Stellung - der Zweck des § 13 KO wohl zwanglos darin erkennen, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine (nachträgliche) Besicherung einzelner Gläubiger zu verhindern und insoweit deren Gleichbehandlung zu sichern. Warum diese Gesichtspunkte nicht auch im Ausgleichsverfahren wesentliche und den Zwecken dieses Verfahrens dienliche Aspekte der Grundbuchssperre des § 13 AO sein können, ist nicht ersichtlich. Soweit die grundbücherliche Schaffung von Absonderungsrechten nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens angezeigt sein sollte, ist für diese Möglichkeit ohnehin gesetzlich Vorsorge getroffen (§§ 8 Abs 2, 10 Abs 4 AO).

Nach Ansicht des erkennenden Senats liegen daher insgesamt keine tragenden Gründe vor, die eine vom klaren Wortlaut des § 13 AO abweichende, diesen auf richterliche Absonderungsrechte (§ 10 Abs 1 AO) einschränkende Auslegung rechtfertigen könnten.