25.03.2010 Verfahrensrecht

OGH: "Seitenwechsel" bei Nebenintervention

Der Nebenintervenient kann nach Widerruf seines Beitritts dem Verfahren auf derselben oder der anderen Seite neuerlich beitreten


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Nebenintervention, Beitritt, Seitenwechsel
Gesetze:

§§ 17 ff ZPO

GZ 4 Ob 193/09z, 16.12.2009

OGH: Eine Nebenintervention kann nur auf einer der beiden Seiten zulässig sein; das folgt schon daraus, dass der Nebenintervenient nicht zugleich ein Interesse am Obsiegen des Klägers und des Beklagten haben kann. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass ein einmal erklärter Beitritt nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Denn der Beitritt liegt ausschließlich im Interesse des Nebenintervenienten; ein Recht einer Prozesspartei, die Unterstützung des Nebenintervenienten zu genießen, ist aus der Prozessordnung nicht abzuleiten. Aus der Nebenintervention als solcher ergeben sich auch keine Rechtsfolgen zugunsten einer Partei; die Bindungswirkung der Streitverkündung folgt aus dieser und nicht aus dem danach erfolgten oder unterbliebenen Beitritt. Anders als bei einer bestrittenen Klage (§ 237 Abs 1 ZPO) gibt es daher keinen Grund, einen Anspruch auf Sacherledigung gegenüber einem Nebenintervenienten anzunehmen.

Daraus folgt, dass der Widerruf eines Beitritts möglich ist. Da der Nebenintervenient mit dem Widerruf bekundet, kein Interesse am Obsiegen der von ihm bisher unterstützten Hauptpartei mehr zu haben, wird damit auch sein bisher erstattetes Vorbringen unbeachtlich. Entschiede man anders, entstünden va bei einem Seitenwechsel unnötige Unklarheiten im Fall eines möglicherweise widersprechenden neuen Vorbringens zugunsten der anderen Partei. Der ursprünglich unterstützten Hauptpartei steht es aber selbstverständlich frei, das bisherige Vorbringen des Nebenintervenienten zu ihrem eigenen zu machen. Beweisergebnisse, die auf Anträgen oder Fragen des früheren Nebenintervenienten beruhen, bleiben im Rahmen des Vorbringens der Hauptparteien beachtlich.

Mit dem Widerruf scheidet der Nebenintervenient aus dem Verfahren aus; er kann daher wie jeder andere Dritte auf derselben oder der anderen Seite neuerlich beitreten. Eine rechtliche Grundlage für eine "Bindung" an die einmal unterstützte Hauptpartei ist nicht erkennbar.