27.05.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur Verwertbarkeit von Transskripten heimlich erlangter Gesprächsaufzeichnungen

Beim Transkript einer (verbotenen) Tonbandaufnahme handelt es sich um eine schriftliche Aufzeichnung, die im Zivilprozess nach den Regeln des Urkundenbeweises zu behandeln ist; für seine prozessuale Verwertbarkeit ist eine Interessenabwägung nicht erforderlich


Schlagworte: Transskripte heimlich erlangter Gesprächsaufzeichnungen, Urkundenbeweis, Interessenabwägung
Gesetze:

§ 266 ZPO, § 304 ZPO

GZ 3 Ob 16/10i, 24.02.2010

Die Revisionswerberin beruft sich zur Frage der prozessualen Verwertbarkeit des Transskripts eines heimlich aufgenommenen Gesprächs auf die Entscheidungen 3 Ob 131/00m, nach der die Verwendung einer rechtswidrig erlangten Tonbandaufnahme als Beweismittel nur in Ausnahmefällen nach Vornahme einer Interessenabwägung zulässig sei; weiters auf die Entscheidung 6 Ob 190/01m, nach der dem Beweisführer der Beweis obliegt, dass er die Tonaufzeichnung bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs benötige und dass der von ihm verfolgte Anspruch bzw seine subjektiven Interessen höherwertiger seien als die verletzte Privatsphäre des Prozessgegners.

OGH: Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Vorlage einer Tonbandaufnahme (die als Augenscheinbeweis aufzufassen ist), sondern um Transskripte heimlich erlangter Gesprächsaufzeichnungen. Deren Verwertbarkeit im Zivilprozess wurde auch ohne Vornahme einer Interessenabwägung in der Entscheidung 1 Ob 172/08m bejaht: Dies wurde - neben Hinweisen auf diverse Lehrmeinungen - va damit begründet, dass Transskripte Tonbandaufnahmen nicht gleichzusetzen sind, weil sie nicht die Authenzität der "Gesprächskonserve" beanspruchen können, sie als schriftliche Aufzeichnung nach den Regeln des Urkundenbeweises zu behandeln sind und in deren Verwertung auch keine Rechtswidrigkeit eines Verstoßes gegen eine Verhaltensnorm (wie etwa § 120 StGB) liegt. Die Vorgangsweise des Erstgerichts, die Transskripte ohne Vornahme einer Interessenabwägung zu verwerten, steht mit dieser Entscheidung in Einklang. Im Übrigen hat die Beklagte in ihrer Berufung sogar ausdrücklich zugestanden, dass "kein Beweisverwertungsverbot gilt", sodass ein möglicher Verfahrensfehler erster Instanz im Revisionsverfahren nicht releviert werden kann.