27.05.2010 Verfahrensrecht

OGH: Erlöschen des Pfandrechts wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verkaufsverfahrens iSd § 256 Abs 2 EO

Von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens kann nur gesprochen werden, wenn der betreibende Gläubiger zwecklos die Ausnützung des Pfandrechts verzögert; der betreibende Gläubiger muss alle zumutbaren Schritte unternommen haben, um den gerichtlichen Verkauf der gepfändeten Sache zu erwirken; die Frist des § 256 Abs 2 EO ist gehemmt, solange die Ursache der Verzögerung des Verkaufs außerhalb des Willensbereichs des betreibenden Gläubigers liegt


Schlagworte: Exekutionsrecht, Erlöschen des Pfandrechts, nicht gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens
Gesetze:

§ 256 Abs 2 EO

GZ 4 Ob 125/09z, 23.02.2010

Kläger und Beklagter waren jeweils Pfandgläubiger eines Verpflichteten. Der bevorrangte Kläger begehrt vom Beklagten den an diesen nach dem Pfandverkauf ausgezahlten Betrag aus dem Titel der Bereicherung. Der Beklagte wendete das Erlöschen des klägerischen Pfandrechts nach § 256 Abs 2 EO mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ein.

Der Beklagte macht in seiner Revision geltend, dass die Exekutionsvereitelung durch den Verpflichteten eine Ablaufhemmung und keine Fortlaufhemmung der Frist des § 256 Abs 2 EO bewirke. Der Kläger wäre nach dem neuerlichen Hervorkommen der Pfandgegenstände gefordert gewesen, innerhalb angemessener Frist entsprechende Veranlassungen zu treffen, er hätte periodisch die Pfändungsregister des Verpflichteten einsehen, den Verpflichteten zur Bekanntgabe des Verbleibs der Pfandgegenstände auffordern und Nachschau an seinem Wohnsitz halten müssen. In Ermangelung dieser Tätigkeiten habe der Kläger das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt, sodass seine Pfandrechte mit Ablauf des 4. 12. 2003 (vor Verwertung der gepfändeten Gegenstände) erloschen seien.

OGH: Gem § 256 Abs 2 EO erlischt das bei der Fahrnisexekution durch die Pfändung erworbene Pfandrecht (§ 256 Abs 1 EO) nach 2 Jahren, wenn das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt wurde. Die Frist des § 256 Abs 2 EO ist gehemmt, solange die Ursache der Verzögerung des Verkaufs außerhalb des Willensbereichs des betreibenden Gläubigers liegt. Dies ist bei einer (strafrechtlich relevanten) Verbringung der Pfandsache durch den Verpflichteten - wie hier - zweifellos der Fall.

Ob die Exekutionsvereitelung eine Ablaufhemmung oder eine Fortlaufhemmung der Frist des § 256 Abs 2 EO bewirkte, ist im vorliegenden Fall bedeutungslos, weil der Kläger unverzüglich nach Kenntnis des Pfandverkaufs seine Pfandrechte (weiter) betrieben hat, sodass es - im Fall der Annahme der gehörigen Fortsetzung - auch bei bloßer Ablaufhemmung nicht zum Erlöschen seiner Pfandrechte gekommen ist.

Von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens kann nur gesprochen werden, wenn der betreibende Gläubiger zwecklos die Ausnützung des Pfandrechts verzögert. Der betreibende Gläubiger muss alle zumutbaren Schritte unternommen haben, um den gerichtlichen Verkauf der gepfändeten Sache zu erwirken.

Die Rsp bejaht die gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens, wenn die Exekution wegen einer Oppositionsklage, wegen einer Exszindierungsklage oder wegen § 264a EO aufgeschoben war. War die Exekution wegen eines Rechtsstreits aufgeschoben, muss der betreibende Gläubiger das Prozessverfahren, wenn es von ihm abhängt, gehörig in Gang halten.

3 Ob 189/97h beurteilte die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens durch den betreibenden Gläubiger auch nach 15-monatiger Untätigkeit als gehörig, weil verkaufshindernde von seinem Willen unabhängige Umstände vorlagen (Unterbleiben der vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Partei vom Misserfolg eines Verkaufstermins).

Die Frage, ob der Gläubiger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Verkauf der gepfändeten Sache zu erwirken, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dasselbe gilt für die Frage der Auswirkungen einer Vollstreckungsvereitelung auf den Lauf der Frist des § 256 Abs 2 EO. Ob sie die Untätigkeit des betreibenden Gläubigers für eine bestimmte Zeitspanne rechtfertigt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei kommt es weniger auf die Dauer, als auf die Gründe der Untätigkeit (die näheren Umstände der Vollstreckungsvereitelung) an, sowie darauf, ob aus dem Verhalten des betreibenden Gläubigers sein mangelndes Interesse an der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche geschlossen werden kann.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Kläger das Verkaufsverfahren gehörig fortgesetzt habe und nicht gehalten gewesen sei, laufend die Pfändungsregister des Verpflichteten einzusehen und Nachschau an dessen Wohnsitz zu halten, ist jedenfalls vertretbar. Im Hinblick auf die vom Kläger gesetzten Aktivitäten, die letztlich zur strafrechtlichen Verurteilung des Verpflichteten führten, erschiene es überschießend, von ihm auch die regelmäßige Einschau in die Pfändungsregister des Verpflichteten zu fordern.