03.06.2010 Verfahrensrecht

OGH: § 464 Abs 3 ZPO - Berufungsfrist iZm Beantragung der Verfahrenshilfe und Verbesserungsauftrag

Hat eine Partei einen Verfahrenshilfeantrag gestellt, jedoch dann trotz gerichtlichen Verbesserungsauftrags kein Vermögensbekenntnis vorgelegt, so ist der Verfahrenshilfeantrag nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen


Schlagworte: Berufungsfrist, Antrag auf Verfahrenshilfe, Verbesserungsauftrag
Gesetze:

§ 464 Abs 3 ZPO

GZ 9 ObA 133/09p, 24.03.2010

Das Berufungsgericht wies die Berufung des Klägers als verspätet zurück. Die Unterbrechungswirkung zufolge Beantragung der Verfahrenshilfe innerhalb der Berufungsfrist trete nur bei einer Abweisung der Verfahrenshilfe ein. Sei hingegen der Antrag für eine meritorische Erledigung gar nicht geeignet, weil er trotz Verbesserungsauftrags an nicht oder nicht fristgerecht behobenen Formfehlern leide, dann sei mit einer Zurückweisung dieses Antrags vorzugehen. Diesfalls habe auch eine rechtzeitige Antragstellung keine fristverlängernde Wirkung. Da dem Verfahrenshilfeantrag des Klägers nicht zu entnehmen gewesen sei, in welchem Umfang die Verfahrenshilfe begehrt werde, habe das Erstgericht zu Recht einen Verbesserungsauftrag erteilt, dem aber vom Kläger nicht fristgerecht entsprochen worden sei. Die abweisende Entscheidung des Erstgerichts über den Verfahrenshilfeantrag sei daher in eine Zurückweisung umzudeuten; das Erstgericht habe sich nur in der Entscheidungsform vergriffen. Der Kläger könne sich daher nicht auf die Unterbrechungswirkung seines Verfahrenshilfeantrags berufen.

OGH: Das Berufungsgericht erkannte zutreffend, dass es für die Rechtzeitigkeit der Berufung darauf ankommt, ob der Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe, der die Unterbrechung der Berufungsfrist bewirkt haben soll, (richtigerweise) abzuweisen oder zurückzuweisen war, stellt doch § 464 Abs 3 ZPO ausdrücklich auf einen "abweisenden" Beschluss ab. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch der den Verfahrenshilfeantrag des Klägers abweisende Beschluss des Erstgerichts nicht in eine Zurückweisung umzudeuten. Wie der OGH in diesem Zusammenhang bereits klargestellt hat, ist der Verfahrenshilfeantrag im Fall der Nichtvorlage eines Vermögensbekenntnisses trotz gerichtlichen Verbesserungsauftrags nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen. Die Nichtvorlage des Vermögensbekenntnisses hindert nämlich eine meritorische Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag nicht. Die Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags wäre eine unangemessen harte Reaktion, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass selbst eine mutwillige oder aussichtslose Prozessführung den Antrag nicht unzulässig, sondern bloß unberechtigt erscheinen lässt. Dies hat um so mehr für den Fall zu gelten, wenn die Partei - wie im vorliegenden Fall - ohnehin ein Vermögensbekenntnis vorlegt und lediglich dem gerichtlichen Verbesserungsauftrag zur Ergänzung durch Vorlage von Kontoauszügen verspätet nachkommt.

Der Kläger fügte in jenen Bereich des Formulars, in dem die von der Partei gewünschten Begünstigungen anzuführen sind, ausdrücklich den Namen eines Rechtsanwalts mit der Beifügung "Wunschanwalt, wenn möglich" ein. Der Kläger hat damit zwar nicht alle Zweifel bezüglich des begehrten Umfangs der Verfahrenshilfe beseitigt, aber jedenfalls - einer meritorischen Erledigung durchaus zugänglich - klargestellt, dass er im Rahmen der beantragten Verfahrenshilfe die vorläufig unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts iSd § 64 Abs 1 Z 3 ZPO wünscht.

Daraus folgt, dass die abweisende Entscheidung des Erstgerichts - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in eine Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags umzudeuten ist. Dem Kläger kommt gem § 464 Abs 3 ZPO die Unterbrechung der Berufungsfrist durch die von ihm im Rahmen des gestellten Verfahrenshilfeantrags beantragte Beigebung eines Rechtsanwalts zugute. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abgewiesen, so beginnt die Berufungsfrist (erst) mit dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses (§ 464 Abs 3 ZPO).