24.06.2010 Verfahrensrecht

OGH: Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO iZm auf einer neuen wissenschaftlichen Untersuchungsmethode beruhendem Gutachten

Für sich allein begründet es nicht den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, wenn sich aus späteren Tatumständen die Unrichtigkeit eines Gutachtens des im Hauptverfahren tätigen Sachverständigen ergeben soll; dazu bedarf es vielmehr weiterer Umstände, etwa des Nachweises, dass eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt wurde oder neue wissenschaftliche Methoden entdeckt wurden, deren Anwendung im Hauptprozess zu anderen Ergebnissen hätte führen können; die Berufung auf neue Untersuchungsmethoden setzt hiebei voraus, dass diese im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens noch nicht bekannt gewesen sind


Schlagworte: Wiederaufnahme, neuen Tatsachen und Beweismittel, unrichtiges Gutachten, neue wissenschaftliche Untersuchungsmethode
Gesetze:

§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO

GZ 2 Ob 37/10w, 22.04.2010

OGH: Nach stRsp des OGH ist ein nachträglich beigebrachtes Gutachten keine neue Tatsache iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, wenn das Thema des Gutachtens bereits im Hauptprozess bekannt gewesen ist. Ebenso begründet es für sich allein nicht den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, wenn sich aus späteren Tatumständen die Unrichtigkeit eines Gutachtens des im Hauptverfahren tätigen Sachverständigen ergeben soll. Dazu bedarf es vielmehr weiterer Umstände, etwa des Nachweises, dass eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt wurde oder neue wissenschaftliche Methoden entdeckt wurden, deren Anwendung im Hauptprozess zu anderen Ergebnissen hätte führen können. Die Berufung auf neue Untersuchungsmethoden setzt hiebei voraus, dass diese im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens noch nicht bekannt gewesen sind.

Die neuen Tatsachen und Beweismittel, auf die sich eine Wiederaufnahmsklage stützt, müssen nicht unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung von Einfluss sein. Es genügt vielmehr, dass sie geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen.

Bereits im Vorprüfungsverfahren (§ 538 ZPO) ist abstrakt zu prüfen, ob die als Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können. Trifft Letzteres zu, ist die Wiederaufnahmsklage unschlüssig und - in jeder Lage des Verfahrens (§ 543 ZPO) - mit Beschluss zurückzuweisen.

Ist die Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage zu bejahen, sind im Wiederaufnahmeverfahren die neuen Beweismittel über ihre abstrakte Eignung zur Herbeiführung einer Änderung der im Hauptprozess ergangenen Entscheidung hinaus im Wege einer eingeschränkten Beweiswürdigung dahin zu prüfen, ob ihre Nichtberücksichtigung im Hauptprozess gegen die materielle Wahrheitsfindung und die Vollständigkeit der Urteilsgrundlage verstößt, bzw ob sie geeignet war, die Beweiswürdigung im Hauptprozess konkret zu beeinflussen. Dabei ist zu untersuchen, ob dem betreffenden Beweismittel die konkrete Eignung zukommt, allenfalls eine für den Kläger günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, worüber es entsprechender Feststellungen durch die Vorinstanzen bedarf. Nur die endgültige, in der Zusammenschau mit den Beweisergebnissen des Hauptprozesses vorzunehmende Beweiswürdigung bleibt im Regelfall dem Hauptprozess vorbehalten, falls dessen Wiederaufnahme bewilligt wird.