01.07.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zession des Anspruchs - Legitimation zur Stellung eines Berichtigungsantrags nach § 419 ZPO?

Dem Einzelrechtsnachfolger der Hauptprozessparteien ist die aktive und passive Legitimation für das Berichtigungsverfahren abzusprechen, selbst wenn der Berichtigungsantrag nach Rechtskraft der zu berichtigenden Entscheidung gestellt wird


Schlagworte: Berichtigung, Legitimation, Zession, Einzelrechtsnachfolger, nach Rechtskraft
Gesetze:

§ 419 ZPO, § 234 ZPO

GZ 7 Ob 234/09a, 21.04.2010

Am 3. Juni 2009 beantragte die B AG als klagende Partei die Berichtigung des Berufungsurteils. Die im rechtskräftigen und vollstreckbaren Berufungsurteil zuerkannten Ansprüche seien mit Abtretungsvertrag vom 27. April 2009/5. Mai 2009 der Antragstellerin abgetreten worden, wozu ein Notariatsakt im Original vorgelegt wurde.

OGH: Nach § 234 ZPO hat die Veräußerung einer in Streit verfangenen Sache oder Forderung auf den Prozess keinen Einfluss; der Erwerber ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners als Hauptpartei in den Prozess einzutreten. Nach der von der Rsp vertretenen "Irrelevanztheorie", wonach der Zedent im Prozess gegen den Beklagten weiter sachlegitimiert bleibt, ist in der Sache so zu entscheiden, als ob die Zession überhaupt nicht erfolgt wäre. Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, wie weit sich "der Prozess" erstreckt, ob also auch noch ein nach Eintritt der Rechtskraft der Endentscheidung eingeleitetes Verfahren zur Berichtigung des Berufungsurteils unter diesen Begriff fällt oder nicht.

Ein ähnliches Problem wurde in der Judikatur bereits behandelt, und zwar die Frage der aktiven und passiven Legitimation des Einzelrechtsnachfolgers der Hauptprozessparteien bei Rechtsmittelklagen, die verneint wurde. Begründet wurde dies zuletzt mit der konsequenten Beachtung der in der Judikatur anerkannten "Irrelevanztheorie", der Deckung der Legitimation für die Rechtsmittelklage mit der Rechtsmittellegitimation und dem unlösbaren Konnex der Rechtsmittelklagen mit dem Vorprozess; dass sich die Rechtskraftwirkung auf den Einzelrechtsnachfolger erstrecke, verhelfe diesem ebenso wenig (ohne Prozesseintritt als Hauptpartei oder Nebenintervenient) zur Rechtsmittellegitimation im Vorprozess wie zur Klagslegitimation für Rechtsmittelklagen, dies auch nicht bei Einzelrechtsnachfolge nach Beendigung des Vorprozesses. Auf die Kritik der Lehre an dieser Rechtsansicht braucht nicht eingegangen werden, weil für das Berichtigungsverfahren nicht ernstlich bezweifelt werden kann, dass es Bestandteil des Prozesses ist, der zur zu berichtigenden Endentscheidung führte.

Zum einen handelt es sich nämlich nicht um einen durch eine neuerliche, fristgebundene Klage einzuleitenden Prozess, wie dies für die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklagen nach den §§ 529 ff ZPO vorgesehen ist. Vielmehr normiert § 419 ZPO die jederzeitige Möglichkeit zur Berichtigung, also auf Antrag oder von Amts wegen ohne Bindung an einen Zeitpunkt oder an die Rechtskraft. Zu berücksichtigen ist auch der Zweck der Berichtigungsvorschriften, dem Gericht ohne vorhergehende mündliche Verhandlung (§ 419 Abs 2 ZPO) die rasche und ökonomische Anpassung der Entscheidungserklärung an den Entscheidungswillen zu ermöglichen. Dem widerspricht die - jedenfalls Beweisaufnahmen erfordernde - Notwendigkeit der materiellrechtlichen Prüfung der Antragslegitimation eines von den Prozessparteien verschiedenen Antragstellers.

Die hier (wenn auch nach Eintritt der Rechtskraft der Hauptentscheidung) erfolgte Abtretung der Klagsforderung auf Einwilligung unterliegt daher den Wirkungen des § 234 ZPO, weshalb sie unbeachtlich ist. Auch für das Berichtigungsverfahren bleibt daher allein die ursprünglich klagende Partei legitimiert.