01.07.2010 Verfahrensrecht

OGH: Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Wiederaufnahme, neue Tatsachen / Beweismittel
Gesetze:

§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO

GZ 7 Ob 3/10g, 21.04.2010

OGH: Nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO berechtigen nur solche neue Tatsachen und Beweismittel zur Wiederaufnahmsklage, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten. Es kommt dabei darauf an, ob die Außerachtlassung der neuen Tatsachen oder Beweismittel im Vorprozess einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Findung der materiellen Wahrheit und die Vollständigkeit der Urteilsgrundlage darstellt. Für die Zulässigkeit der Wiederaufnahmsklage reicht es aus, dass die neuen Beweismittel für sich allein betrachtet eine andere Entscheidung herbeiführen könnten. Ob ihnen diese Eignung wirklich zukommt, kann aber nicht im Vorverfahren (iudicium rescindes), sondern nur im Hauptverfahren (iudicium rescissorium) beurteilt werden. Es ist also zunächst vom Gericht eine Prüfung der Schlüssigkeit und Zulässigkeit der Wiederaufnahmsklage nach § 538 ZPO vorzunehmen. Zu dieser Prüfung gehört auch, ob dem Kläger die neuen Tatsachen oder Beweismittel innerhalb der Frist des § 534 ZPO zur Kenntnis gelangt sind und ob die Kenntnis erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz im Hauptprozess auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen ist. Ergibt die abstrakte Prüfung, dass die in der Klage vorgebrachten Tatsachen oder die aus den neuen Beweismitteln abzuleitenden Tatsachen sogar dann, wenn man sie als richtig unterstellt, zu keiner Änderung der früheren Entscheidung führen können, sind die vorgebrachten Umstände auch abstrakt als Wiederaufnahmsgrund untauglich. Die demnach unschlüssige Wiederaufnahmsklage ist in jeder Lage des Verfahrens mit Beschluss zurückzuweisen.