08.07.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur Anmerkung der Anfechtungsklage iSd § 20 Abs 1 AnfO

Gem § 20 Abs 1 AnfO ist Voraussetzung der Anmerkung der Anfechtungsklage, dass zur Durchführung des behaupteten Anfechtungsanspruchs Eintragungen ins Grundbuch zu vollziehen sein werden, was dann der Fall ist, wenn sich aus dem Klagebegehren ergibt, dass die Befriedigung des Anfechtungsgläubigers aus der Liegenschaft gesucht wird, diese also von der anfechtbaren Rechtshandlung betroffen ist


Schlagworte: Anfechtungsrecht, Anmerkung der Anfechtungsklage, Klagebegehren, Klagevorbringen, Urteilsantrag
Gesetze:

§ 20 AnfO

GZ 3 Ob 72/10z, 28.04.2010

In ihrer Anfechtungsklage brachten die Antragsteller vor, der Unterhaltsschuldner habe seiner zweiten Gattin (der Antragsgegnerin) den Großteil des Kaufpreises für den Erwerb einer Liegenschaft in Österreich geschenkt. Angefochten werde der Erwerb der Liegenschaft mit dem Geld des Unterhaltsschuldners durch die Antragsgegnerin. Die Schenkung an die Antragsgegnerin erfülle alle Tatbestandsmerkmale einer nach § 2 Z 3 AnfO anfechtbaren Übertragung. Die Schenkung stelle eine benachteiligende Handlung des Schuldners dar. Darüber hinaus erfülle die Schenkung auch alle Tatbestandsmerkmale des § 2 Z 1 AnfO, weil sie in der der Antragsgegnerin bekannten Absicht vorgenommen wurde, die Antragsteller zu benachteiligen.

OGH: Gem § 20 Abs 1 AnfO ist Voraussetzung der Anmerkung der Anfechtungsklage, dass zur Durchführung des behaupteten Anfechtungsanspruchs Eintragungen ins Grundbuch zu vollziehen sein werden, was dann der Fall ist, wenn sich aus dem Klagebegehren ergibt, dass die Befriedigung des Anfechtungsgläubigers aus der Liegenschaft gesucht wird, diese also von der anfechtbaren Rechtshandlung betroffen ist. Davon ist auszugehen, wenn der Anfechtungsgläubiger Befriedigung aus der Liegenschaft sucht, die dem Anfechtungsgegner durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen wurde. Wird eine Liegenschaft schenkungsweise, aber anfechtbar überlassen, wird bei der Einzelanfechtung regelmäßig nur die Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft zugunsten und bis zur Höhe der Forderung des Anzufechtenden begehrt. Auch bei dieser "Ersatzleistung im besonderen Sinne der Einzelanfechtung" ist die Anmerkung zulässig. Verhindert werden sollen schlechtgläubige Verfügungen des Anfechtungsgegners, der Liegenschaftseigentümer aufgrund eines angefochtenen Rechtsgeschäfts wurde, und in der Zeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Anfechtungsprozess zum Nachteil des Anfechtungsklägers die Liegenschaft weiter veräußern könnte, wodurch wegen des Gutglaubensschutzes des Erwerbers einem obsiegenden Anfechtungskläger der Befriedigungsfonds entzogen werden könnte. Hingegen wäre die Anmerkung nicht zulässig, wenn allein die Schenkung eines Bargeldbetrags an den Anfechtungsgegner angefochten wird. In diesem Fall wären zur Durchführung des Anfechtungsanspruchs tatsächlich keine grundbücherlichen Eintragungen in Ansehung jener Liegenschaft denkbar bzw erforderlich, die mit dem Bargeldbetrag erworben wurde; die Liegenschaft wäre nicht Objekt der anfechtbaren Rechtshandlung. Sie könnte - neben dem übrigen Vermögen der Antragsgegnerin - lediglich als Exekutionsobjekt zur künftigen Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs dienen. Dies wäre für die Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage nicht ausreichend. Wären im Rahmen des Anfechtungsverfahrens keine grundbücherlichen Eintragungen erforderlich, fiele auch der Zweck der Anmerkung nach § 20 AnfO weg, den guten Glauben Dritter (etwa eines zukünftigen Käufers der Liegenschaft) auszuschließen.

Ob nun die Schenkung eines Bargeldbetrags oder die Schenkung einer Liegenschaft angefochten wird, ist aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu beurteilen.

Zum Urteilsantrag ist auszuführen:Bei Prüfung eines Anfechtungsanspruchs ist generell darauf abzustellen, welcher Zustand gegeben wäre, wenn das vom Schuldner aufgegebene oder veräußerte Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet worden wäre. Wurde durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Schuldner ein Geldbetrag entzogen, kann der Anfechtungsgläubiger demnach vom Anfechtungsgegner selbst Geld beanspruchen. Ist durch eine anfechtbare Rechtshandlung eine Sache an den Anfechtungsgegner veräußert oder geschenkt worden, so kann der Gläubiger verlangen, dass der Anfechtungsgegner ihm zur Hereinbringung seiner Geldforderung die Exekution auf die Sache gestattet, als ob die Sache vom Schuldner nicht veräußert oder verschenkt worden wäre. Die Anfechtungsklage muss in diesem Fall den Gegenstand, in den die Forderung vollstreckt werden soll, angeben und das Begehren enthalten, dass der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung zur Befriedigung der gegnerischen Forderung in diesen Gegenstand zu dulden habe. Auch ein auf Zahlung bei Exekution in dieses Objekt lautendes Klagebegehren wird aber als zulässig und üblich angesehen.

Das Rekursgericht legte dem Klagevorbringen das Verständnis bei, die behauptete anfechtbare Rechtshandlung iSd § 20 AnfO bestehe nicht in der Schenkung der Liegenschaft, sondern in der Schenkung eines Bargeldbetrags von 2,9 Mio ATS an die Antragsgegnerin. Dem ist im Hinblick auf die im Anfechtungsrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zuzustimmen. Nach dieser sind Vereinbarungen und Vorgänge nach dem wirtschaftlichen Zweck zu betrachten, dem sie dienen. Davon ausgehend ist das Klagevorbringen nur so zu verstehen, dass die vom Vater des Erstantragstellers und dessen verstorbenen Bruders des mj Benedict L***** sowie der zweiten Ehegattin des Vaters gewählte Vorgangsweise beim Erwerb der Liegenschaft die wirtschaftliche Bedeutung und Zielsetzung hatte, den Eigentumserwerb an der Liegenschaft durch den Vater zu vermeiden und die Liegenschaft direkt in das Eigentum der zweiten Ehegattin gelangen zu lassen. Dem Klagevorbringen ist in ausreichender Weise die Behauptung zu entnehmen, es liege eine von den Parteien des Rechtsgeschäfts bewusst gewählte "Gestaltung" zur Vermeidung von anfechtungsrechtlichen Konsequenzen vor. Liegt nach den Klagebehauptungen die wirtschaftliche Zielsetzung der von den Parteien praktizierten Vorgangsweise darin, dem Vermögen des Unterhaltsschuldners und damit dem zweitantragstellenden Nachlass ein Befriedigungsobjekt in Form einer Liegenschaft zu entziehen, betrifft die Anfechtung diese Liegenschaft und kann die Klage angemerkt werden. Die Erfolgsaussichten der Klage sind im Bewilligungsverfahren nicht zu prüfen.