05.08.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zum Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit

Das Verhalten des Sachverständigen im Verfahren selbst kann ein berechtigtes Misstrauen in seine Unparteilichkeit hervorrufen, etwa wenn er sich nicht an den Gutachtensauftrag hält oder wenn er bei Erstellung des Befunds ohne sachliche Rechtfertigung nur eine Partei berücksichtigt


Schlagworte: Sachverständige, Ablehnung, Befangenheit
Gesetze:

§ 355 ZPO

GZ 7 Ob 81/10b, 26.05.2010

OGH: Nach stRsp kann ein Sachverständiger unter den Voraussetzungen des § 355 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch noch im Verfahren zweiter Instanz abgelehnt werden. Das Rekursgericht hat hier über den Ablehnungsantrag der Mutter funktionell als erste Instanz entschieden. Diese Entscheidung ist daher nach § 45 AußStrG mit Rekurs an den OGH (jedenfalls) bekämpfbar. Die Bestimmungen der ZPO über die Ablehnung von Sachverständigen finden auch im Außerstreitverfahren Anwendung; dies gilt nach § 35 AußStrG insbesondere auch für die Rechtsmittelbeschränkung des § 366 Abs 1 ZPO. Da der daher abgesondert nicht bekämpfbare Beschluss über den Ablehnungsantrag gemeinsam mit der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz über den Rekurs der Mutter gegen die Obsorgeentscheidungen gefällt wurde, konnte die Mutter ihren Rekurs (die Fehlbezeichnung schadet nicht - § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO analog) mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die bestätigenden Entscheidungen des Rekursgerichts verbinden.

Zwar kann das Verhalten des Sachverständigen im Verfahren selbst ein berechtigtes Misstrauen in seine Unparteilichkeit hervorrufen, etwa wenn er sich nicht an den Gutachtensauftrag hält oder wenn er bei Erstellung des Befunds ohne sachliche Rechtfertigung nur eine Partei berücksichtigt. Allein aus seiner Tätigkeit als Sachverständiger können allerdings keine gerechtfertigten Bedenken gegen seine Unbefangenheit abgeleitet werden; die Kompetenz des Sachverständigen und die Qualität seiner Tätigkeit hat der Richter im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen.

Keine Rede kann davon sein, dass die Überparteilichkeit eines Sachverständigen deshalb in Zweifel zu ziehen wäre, weil dieser seine Fachkompetenz und Unterstützung bei einer vom Gericht angeordneten Übergabe eines Kindes an den anderen Elternteil anbietet.