06.04.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Ist die Gesundheitsschädigung nicht das Ergebnis einer plötzlichen Überanstrengung, sondern einer längeren, wenngleich nicht vom Verletzten selbst ausgehenden, sondern im Ursachenzusammenhang dem Einrichtungsträger zuzurechnenden Entwicklung und Fehlbehandlung, so kann schon mangels des Plötzlichkeitserfordernisses nicht von einem zu Gunsten der beklagten Partei das Dienstgeberhaftungsprivileg auslösenden Unfall ausgegangen werden


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Dienstgeberhaftungsprivileg, Rehabilitationstherapie, Fehlbehandlung, Arbeitsunfall
Gesetze:

§ 333 ASVG, § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG, § 335 Abs 3 ASVG, § 175 ASVG

In seinem Erkenntnis vom 07.02.2007 zur GZ 2 Ob 218/06g hat sich der OGH mit der Frage befasst, ob auch Behandlungsschäden im Rahmen eines ärztlichen Diagnosefehlers im Zuge einer stationären Rehabilitationstherapie in einer Trägereinrichtung nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c letzter Fall ASVG dem gesetzlichen Dienstgeberhaftungsprivileg unterstellt werden können:

OGH: Da gemäß § 35 Abs 2 zweiter Fall ASVG bei den nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG Teilversicherten der Träger der Einrichtung, in der die Unterbringung erfolgte, als Dienstgeber gilt, kommt diesem konsequenter Weise auch das auf Dienstgeber abgestimmte und gegenüber Versicherten, denen Ansprüche auf Leistungen nach dem ASVG zustehen, zur Anwendung kommende Haftungsprivileg des § 333 ASVG - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 335 Abs 3 ASVG - grundsätzlich zugute. Arbeitsunfälle sind allerdings nach § 175 Abs 1 ASVG (nur) solche, "die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen".

Dass auch ein Herzinfarkt grundsätzlich als Unfall angesehen werden kann, wenn er anlässlich eines zeitlich begrenzten Ereignisses eintritt, hat der OGH bereits mehrfach ausgesprochen, sofern dieser nicht infolge Dauerstress, wohl aber etwa im Zusammenhang mit außergewöhnlicher Belastung eingetreten war. Ist der Infarkt aber nicht das Ergebnis einer plötzlichen Überanstrengung (etwa im Rahmen einer therapeutisch angeordneten Maßnahme, eines nicht außerhalb des geschützten Behandlungsbereiches in der Anstalt liegenden Sturzgeschehens oä), sondern einer längeren, wenngleich nicht vom Verletzten selbst ausgehenden, sondern im Ursachenzusammenhang dem Einrichtungsträger zuzurechnenden Entwicklung und Fehlbehandlung, so kann schon mangels des Plötzlichkeitserfordernisses nicht von einem zu Gunsten der beklagten Partei das Haftungsprivileg auslösenden Unfall ausgegangen werden.