16.09.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zum erleichterten Vollmachtsnachweis nach § 30 Abs 2 ZPO

Aus § 30 Abs 2 ZPO ergibt sich, dass dem Rechtsanwalt grundsätzlich vertraut wird, wenn er ein Vollmachtsverhältnis behauptet; dieses Vertrauen erstreckt sich im Allgemeinen auch darauf, dass die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person erteilt wurde; im Regelfall genügt daher auch bei juristischen Personen der bloße Hinweis auf die erteilte Bevollmächtigung


Schlagworte: Prozessvollmacht, Rechtsanwalt, erleichterter Vollmachtsnachweis, juristische Person, urkundlicher Nachweis
Gesetze:

§ 30 Abs 2 ZPO

GZ 4 Ob 66/10z, 13.07.2010

OGH: Wenn ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter einschreitet, ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis, nicht jedoch die Erteilung einer Vollmacht. Aus § 30 Abs 2 ZPO ergibt sich, dass dem Rechtsanwalt grundsätzlich vertraut wird, wenn er ein Vollmachtsverhältnis behauptet. Dieses Vertrauen erstreckt sich im Allgemeinen auch darauf, dass die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person erteilt wurde. Im Regelfall genügt daher auch bei juristischen Personen der bloße Hinweis auf die erteilte Bevollmächtigung. Der erleichterte Vollmachtsnachweis des § 30 Abs 2 ZPO befreit das Gericht zwar nicht von der Prüfung, ob tatsächlich Prozessvollmacht erteilt wurde, wenn sich aus der Aktenlage oder aus Gerichtsnotorietät Zweifel gegen eine solche Vollmachtserteilung ergeben. Es muss sich hier jedoch um konkrete Zweifel handeln. Bestehen solche nicht, dann hat eine Prüfung, ob tatsächlich Bevollmächtigung erteilt wurde, nicht zu erfolgen. Die bewusst wahrheitswidrige Berufung auf eine tatsächlich nicht erteilte Bevollmächtigung fällt unter das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Verletzung von Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstands.

Nach dem Akteninhalt bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vollmacht, auf deren Bestand sich der Klagevertreter berufen hat, deshalb unwirksam sei, weil die Einwilligung der Klägerin in die Vertretung vor Gericht von einer dazu nicht (allein) befugten Person erteilt worden sei. Ein konkretes Sachvorbringen dahin, wer dem Klagevertreter Prozessvollmacht erteilt habe und weshalb diese Bevollmächtigungserklärung nicht wirksam sei, hat der Erstbeklagte nicht erstattet. Für eine amtswegige Prüfung dieser Prozessvoraussetzung besteht daher kein Anlass.