23.09.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO iZm isolierten, dh nicht von einer Bestellung abhängigen Gewinnzusendungen, anwendbar ist

Für die Bejahung des Gerichtsstandes des Art 15 EuGVVO ist eine vertragliche Bindung zwischen Verbraucher und Unternehmer erforderlich, für die die Fiktion des § 5j KSchG nicht ausreicht


Schlagworte: Internationales Verfahrensrecht, Zuständigkeit bei Verbrauchersachen, Gewinnzusage
Gesetze:

Art 15 EuGVVO, § 5j KSchG

GZ 9 Ob 90/09i, 28.07.2010

OGH: Der EuGH hält in Auslegung zu Art 15 EuGVVO daran fest, dass es sich um einen "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" handeln muss. Damit ein Vertrag iS dieser Vorschrift vorliegt, ist unerlässlich, dass die Unternehmerin eine solche rechtliche Verpflichtung eingeht, indem sie ein verbindliches Angebot macht, dass hinsichtlich seines Gegenstands und seines Umfangs so klar und präzise ist, dass eine Vertragsbeziehung, wie sie diese Vorschrift voraussetzt, entstehen kann.

Diese letztgenannte Voraussetzung kann nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn die Versandhandelsgesellschaft im Rahmen einer Gewinnzusage eine rechtliche Verbindlichkeit eingegangen ist. Sie muss mit anderen Worten klar ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, im Fall einer Annahme durch die andere Partei an ihre Verbindlichkeit gebunden zu sein, indem sie sich bedingungslos bereit erklärt hat, den fraglichen Preis an Verbraucher auszuzahlen, die darum ersuchen. Es ist Sache des vorliegenden (nationalen) Gerichts, zu beurteilen, ob diese Voraussetzung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

Nicht jede rechtliche Bindung (insbesondere durch Gesetz) reicht aus, um den Gerichtsstand nach Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO zu begründen: Zwar bedarf es keines synallagmatischen Vertrags, jedoch einer klar zum Ausdruck gebrachten Willenserklärung, die nur noch der Annahme des Verbrauchers bedarf, um eine vertragliche Bindung herbeizuführen.

In seiner Entscheidung vom 2. 7. 2008, 7 Ob 17/08p, setzte sich der OGH mit der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG auseinander. Er gelangte dabei zum Ergebnis, dass § 5j per se keinen (einseitig verpflichtenden) vertraglichen Anspruch, sondern einen besonderen gesetzlichen Anspruch schafft. Gewährt somit § 5j KSchG für sich allein keinen "vertraglichen" Anspruch, wäre es an der Klägerin gelegen aufzuzeigen, dass hier ausnahmsweise doch ein solcher vorgelegen ist. Was die Gewinnzusage anlangt, hat sich die Klägerin ausdrücklich nur auf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 5j KSchG, insbesondere den von ihr gewonnenen "Eindruck" berufen.