07.10.2010 Verfahrensrecht

OGH: Anscheinsbeweis / Indizienbeweis und Revision

Ob in einem bestimmten Fall ein Anscheinsbeweis zulässig ist, ob also die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass anstelle eines vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmals ein anderes bewiesen werden darf, kann als Frage der rechtlichen Beurteilung auch vom OGH überprüft werden; ob der Anscheinsbeweis erbracht oder erschüttert worden ist, ist hingegen eine vom OGH nicht mehr überprüfbare Frage der Beweiswürdigung; ob ein Indizienbeweis erbracht werden konnte, gehört zur unanfechtbaren Beweiswürdigung


Schlagworte: Anscheinsbeweis, Indizienbeweis, Revision
Gesetze:

§ 266 ZPO, § 272 ZPO, § 503 ZPO

GZ 10 Ob 66/09t, 17.08.2010

OGH: Der Anscheinsbeweis beruht darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist. Der bloße Verdacht eines bestimmten Ablaufs, der auch andere Verursachungsmöglichkeiten offen lässt, gibt für den Beweis des ersten Anscheins keinen Raum. Vom Beweis des ersten Anscheins ist der Indizienbeweis zu unterscheiden, der darauf gerichtet ist, durch den Beweis bestimmter Hilfstatsachen dem Gericht die volle Überzeugung des Vorhandenseins der direkt nicht oder nur schwer zu beweisenden Haupttatsache zu vermitteln.

Ob in einem bestimmten Fall ein Anscheinsbeweis zulässig ist, ob also die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass anstelle eines vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmals ein anderes bewiesen werden darf, kann als Frage der rechtlichen Beurteilung auch vom OGH überprüft werden. Ob der Anscheinsbeweis erbracht oder erschüttert worden ist, ist hingegen eine vom OGH nicht mehr überprüfbare Frage der Beweiswürdigung. Ob ein Indizienbeweis erbracht werden konnte, gehört zur unanfechtbaren Beweiswürdigung.