07.10.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur Bewilligung einer Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens

Die Bewilligung einer Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens bedarf konkreter Gründe, die vom Schuldner, der sie anstrebt, zu behaupten und zu bescheinigen sind; verfehlt der Schuldner während des ganzen siebenjährigen Abschöpfungszeitraums die Mindestquote bei Weitem, kann das Interesse an zukünftiger gleich schlechter Behandlung kein schlagendes Argument für eine Verlängerung des Verfahrens bieten, wenn nicht eine konkrete Aussicht auf Besserung innerhalb der folgenden drei Jahre besteht


Schlagworte: Konkursrecht, Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung, Bewilligung einer Verlängerung, Zukunftsprognose, Ermessen
Gesetze:

§ 213 Abs 4 KO, § 199 Abs 2 KO

GZ 8 Ob 5/10h, 22.07.2010

OGH: Die Bewilligung einer Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens bedarf konkreter Gründe, die vom Schuldner, der sie anstrebt, zu behaupten und zu bescheinigen sind. Welche Umstände generell für oder gegen eine Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens sprechen können, ist an der gesetzlichen Zielsetzung dieser Maßnahme zu messen. Die Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens nach § 213 Abs 4 KO soll dem Schuldner ermöglichen, die Quote von 10 % und damit die Restschuldbefreiung doch noch zu erreichen. Da im Fall der verlängerten Dauer des Abschöpfungsverfahrens eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit auch bei geringfügigem Unterschreiten der Mindestbefriedigungsquote nicht mehr möglich ist, kann eine Zukunftsprognose bei der Ermessensentscheidung jedenfalls nicht völlig vernachlässigt werden. Bloße Versprechungen, ohne realitätsbezogenen Plan zu ihrer Erfüllung, können keine günstige Prognose begründen.

Die Problematik der Unwägbarkeit einer vorweggenommenen Prüfung der Zukunftsaussichten, mit der die Änderung des § 183 Abs 1 Z 3 KO nach der Insolvenz-Nov 2002 unter anderem begründet wurde, trifft auf die Verfahrenslage im Zeitpunkt einer Entscheidung nach § 213 Abs 4 KO nicht mehr zu, weil der vorangegangene siebenjährige Beobachtungszeitraum bereits eine sehr breite Grundlage für eine Abschätzung der individuellen Einkommensperspektiven und der Zahlungsmoral des Schuldners bietet. Mit dem Kenntnisstand des Gerichts zu Beginn des Schuldenregulierungsverfahrens ist diese Lage nicht vergleichbar.

Dem Revisionsrekurs ist zuzugestehen, dass das Abschöpfungsverfahren neben dem Ziel der Restschuldbefreiung auch einer geordneten Haftungsabwicklung unter Gleichbehandlung der Gläubiger dient. Diese Überlegung gilt aber ohne Unterschied für jedes Schuldenregulierungsverfahren; ihr Gewicht ist außerdem nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des bisherigen Abschöpfungsverfahrens zu trennen. Verfehlt der Schuldner während des ganzen siebenjährigen Abschöpfungszeitraums die Mindestquote bei Weitem, kann das Interesse an zukünftiger gleich schlechter Behandlung kein schlagendes Argument für eine Verlängerung des Verfahrens bieten, wenn nicht eine konkrete Aussicht auf Besserung innerhalb der folgenden drei Jahre besteht.

Die Beantwortung der Frage, ob es dem Schuldner gelungen ist, die Wahrscheinlichkeit einer Erfüllung der Mindestquote innerhalb der verlängerten Frist hinreichend zu bescheinigen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.