07.10.2010 Verfahrensrecht

OGH: Missbräuchlich gestellter Konkursantrag - zur Haftung des Gläubigers für die Folgen seines Konkursantrags

Missbräuchlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der Schuldner oder eine andere Person mit dem Konkursantrag ungerechtfertigt unter Druck gesetzt oder ein verfahrensfremder Zweck erreicht werden soll


Schlagworte: Konkursrecht, Schadenersatzrecht, missbräuchlich gestellter Konkursantrag, Gläubigerhaftung
Gesetze:

§§ 1295 Abs 2 ABGB, § 70 KO

GZ 9 Ob 44/10a, 28.07.2010

OGH: Die Bestimmung des § 408 ZPO, die für mutwillige Prozessführung einen eigenen Schadenersatzanspruch statuiert, ist im Konkursverfahren nicht anwendbar. Nicht zweifelhaft ist aber, dass ebenso wie die missbräuchliche Anrufung des Gerichts auch ein missbräuchlich gestellter Konkursantrag eine Schadenersatzpflicht des Antragstellers bzw seines Rechtsanwalts begründen kann.

Allgemein machen verfahrensrechtliche Handlungen erst dann ersatzpflichtig, wenn der Schädiger den eingenommenen Prozessstandpunkt bei gehöriger Sorgfalt nicht bloß für zweifelhaft, sondern für aussichtslos halten musste. Missbräuchlichkeit eines vom Gläubiger gestellten Konkursantrags ist nach der Judikatur dann anzunehmen, wenn der Schuldner oder eine andere Person mit dem Konkursantrag ungerechtfertigt unter Druck gesetzt oder ein verfahrensfremder Zweck erreicht werden soll. Dabei ist zu beachten, dass gem § 70 Abs 1 KO der Konkurs auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich zu eröffnen ist, wenn er glaubhaft macht, dass er eine, wenngleich nicht fällige Konkursforderung hat und der Schuldner zahlungsunfähig ist. Der Antrag ist ohne Anhörung sofort abzuweisen, wenn dieser offenbar unbegründet ist, etwa weil er offenbar missbräuchlich gestellt oder die Glaubhaftmachung nicht erbracht wurde. Im Allgemeinen sind die Konkursvoraussetzungen nicht förmlich nachzuweisen, sondern nur - anhand parater Mittel - zu bescheinigen. Der Schuldner hat auch die Möglichkeit, durch geeignete Gegenbescheinigungen, die stichhaltige Zweifel an den Konkursvoraussetzungen erwecken, die Konkurseröffnung abzuwenden. In der Entscheidung 8 Ob 282/01f wurde in dieser Hinsicht betont, es müsse vermieden werden, dass aufgrund nicht hinreichend geklärter Behauptungen der Konkurs eröffnet werde.

Die Berufung der Klägerin auf die 100%ige Quote im Zwangsausgleich ist nicht stichhaltig, weil der Kenntnisstand und die Erwartungen des Beklagten zum Zeitpunkt des Konkursantrags maßgeblich sind.