14.10.2010 Verfahrensrecht

OGH: Zur (weiten) Fassung eines Unterlassungsbegehrens

Die an sich wegen der Gefahr von Umgehungen gerechtfertigte weite Fassung von Unterlassungsgeboten darf nur so weit gehen, als die Befürchtung gerechtfertigt ist, der Beklagte werde auch jene Verletzungshandlungen begehen, die unter das weit gefasste Unterlassungsgebot fallen; das Unterlassungsgebot ist aber zu eng, wenn es nur eine der festgestellten Verletzungshandlung völlig gleiche Handlung umfasst


Schlagworte: Unterlassungsbegehren, Bestimmtheit, Verletzungshandlung, ähnlich nahe liegende Rechtsverletzungen
Gesetze:

§ 226 ZPO, § 14 UWG

GZ 4 Ob 88/10k, 31.08.2010

Die Klägerin macht geltend, das Unterlassungsgebot stelle allein auf den Anlassfall ab und habe damit die engstmögliche Fassung, weshalb Umgehungen leicht möglich seien und neue Klagsführungen zur Folge haben müssten; die Gefahr weiterer Eingriffe sei sowohl nach der Person der Beklagten als auch nach der betroffenen Branche evident.

OGH: Nach den Grundsätzen zur Fassung von Unterlassungsgeboten, die für Lauterkeits- und Urheberrechtsverstöße gleichermaßen gelten, sind die prozessuale Frage nach der ausreichenden Bestimmtheit des Begehrens und die - nach dem materiellen Recht zu beurteilende - Frage, wie weit das Begehren angesichts der begangenen oder drohenden Rechtsverletzung gehen darf, auseinanderzuhalten.

Ob ein ausreichend konkretes Unterlassungsgebot zu eng oder zu weit gefasst ist, hängt va von der festgestellten Verletzungshandlung ab. Ein Unterlassungsgebot hat sich in seinem Umfang nämlich am konkreten Verstoß zu orientieren; es ist daher auf die konkrete Verletzungshandlung sowie - um Umgehungen durch den Verpflichteten nicht allzu leicht zu machen - auf ähnliche Fälle einzuengen. Die an sich wegen der Gefahr von Umgehungen gerechtfertigte weite Fassung von Unterlassungsgeboten darf nur so weit gehen, als die Befürchtung gerechtfertigt ist, der Beklagte werde auch jene Verletzungshandlungen begehen, die unter das weit gefasste Unterlassungsgebot fallen. Das Unterlassungsgebot ist aber zu eng, wenn es nur eine der festgestellten Verletzungshandlung völlig gleiche Handlung umfasst. Denn der ursprüngliche Verstoß begründet nicht nur die Gefahr der Wiederholung in unveränderter Form; vielmehr ist zu besorgen, dass der Beklagte - zumal bei einem zu eng gefassten Verbot - Handlungen setzen könnte, die auf ähnliche Weise zum selben Erfolg führen. Schon die Prozessökonomie spricht dafür, Begehren so zu fassen und zuzulassen, dass das entsprechende gerichtliche Unterlassungsgebot auch ähnlich nahe liegende Rechtsverletzungen umfasst, sodass nicht neuerlich geklagt werden muss.

Nach diesen Grundsätzen ist es zulässig, dem Beklagten nicht nur ein konkret umschriebenes Verhalten zu untersagen, sondern auch die Unterlassung "ähnlicher" Störungen aufzutragen.

Ein anderer Weg, dem Verpflichteten die Umgehung von Unterlassungsgeboten nicht allzu leicht zu machen, liegt in der Möglichkeit einer allgemeineren Beschreibung der Verletzungshandlung oder der Verbindung eines konkreten Einzelverbots mit einem verallgemeinernden Verbot, das die tatsächlich verübte Handlung bei ihrer Beschreibung allgemeiner fasst und ihr so einen breiteren Rahmen gibt, ohne dabei über den Kern der Verletzungshandlung - also dessen, womit der Beklagte rechtswidrig gehandelt hat - hinauszugehen. Der Beklagte darf aber nicht zu einer Unterlassung verhalten werden, zu der er nach materiellem Recht gar nicht verpflichtet ist.