14.10.2010 Verfahrensrecht

OGH: Entscheidung über den Rekurs - amtswegige Wahrnehmung von Verfahrensfehlern nach § 55 Abs 3 AußStrG

Infolge des im Außerstreitverfahren allgemein geltenden Untersuchungsgrundsatzes bei der Sammlung der Entscheidungsgrundlagen (§ 16 AußStrG) sind über die in § 55 Abs 3 AußStrG genannten hinaus alle Rechtsmittelgründe von Amts wegen aufzugreifen, sofern dafür gewisse Anhaltspunkte erkennbar werden und sie die Richtigkeit der Entscheidung potenziell zu hindern geeignet sind


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Entscheidung über den Rekurs, amtswegige Wahrnehmung von Verfahrensfehlern
Gesetze:

§ 55 Abs 3 AußStrG

GZ 10 Ob 49/10v, 17.08.2010

Der Vater hat die Minderung seiner Unterhaltspflicht infolge des Bezugs von Transferleistungen durch die Mutter nicht in seinem Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung geltend gemacht.

OGH: Nach der Rsp kann auch im Außerstreitverfahren ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, welcher im Rekurs nicht beanstandet wurde, im Revisionsrekurs nicht mehr nachgetragen werden.

Inwieweit allerdings ein im Rekurs nicht geltend gemachter und vom Rekursgericht nicht behandelter Verfahrensmangel erster Instanz einen Verfahrensmangel des Rekursverfahrens darstellen kann, hängt davon ab, ob das Rekursgericht diesen Verfahrensmangel von Amts wegen hätte aufgreifen müssen. Infolge des im Außerstreitverfahren allgemein geltenden Untersuchungsgrundsatzes bei der Sammlung der Entscheidungsgrundlagen (§ 16 AußStrG) sind über die in § 55 Abs 3 AußStrG genannten hinaus alle Rechtsmittelgründe von Amts wegen aufzugreifen, sofern dafür gewisse Anhaltspunkte erkennbar werden und sie die Richtigkeit der Entscheidung potenziell zu hindern geeignet sind.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Vater ab 1. 11. 2007 (als Kellner) ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 EUR, 12 mal jährlich, erzielen könnte. Da in diesem Fall das Bruttojahreseinkommen über 10.000 EUR liegt, ist nicht ausgeschlossen, dass eine Anrechnung der öffentlichrechtlichen Transferleistungen (Familienbeihilfe) zu einer Reduktion des vom Vater zu leistenden Geldunterhalts führt. Diesen Umstand hätten die Vorinstanzen iSd höchstgerichtlichen Rsp von Amts wegen wahrzunehmen gehabt.