25.11.2010 Verfahrensrecht

OGH: Abgabestelle nach § 7a Abs 4 RAO iVm § 13 Abs 4 ZustellG - Zustellfiktion bei unbesetzter Kanzlei (hier: infolge Erkrankung des Rechtsanwaltes)?

Weil gem § 7a Abs 4 RAO sowohl die "Kanzlei" eines Rechtsanwaltes als auch die Niederlassungen Abgabestellen iSd § 13 Abs 4 ZustellG sind, müssen dieselben als Abgabestelle für eingeschriebene Briefe oder gar Rückschein-Sendungen aller Art regelmäßig zur Verfügung stehen; eine Verletzung dieses Gebots kann allerdings lediglich zu disziplinärer Verantwortlichkeit führen


Schlagworte: Zustellrecht, Abgabestelle, Kanzlei, Abwesenheit
Gesetze:

§ 13 Abs 4 ZustellG, § 7a Abs 4 RAO

GZ 2 Ob 98/10s, 21.10.2010

Der Rechtsmittelwerber macht die Nichtigkeit des Berufungsverfahrens geltend. Die Ladung für die Berufungsverhandlung vom 15. 2. 2010 sei erst am 11. 2. 2010 hinterlegt worden. Der damalige Rechtsvertreter des Rechtsmittelwerbers sei aber vom 11. 2. bis 16. 2. 2010 krank und daher nicht in der Kanzlei anwesend gewesen. Er habe über kein Kanzleipersonal verfügt, die Kanzlei sei unbesetzt gewesen. Er habe von der Ladung erst am 17. 2. 2010 erfahren.

OGH: Aus § 7a Abs 4 RAO ergibt sich, dass sowohl die Kanzlei als auch eine allfällige Niederlassung eines Rechtsanwalts Abgabestelle iSd § 13 Abs 4 ZustellG sind. Daraus folgt zwar, dass diese als Abgabestelle für eingeschriebene Briefe und Rückscheinsendungen aller Art regelmäßig zur Verfügung stehen müssen, eine Verletzung dieses Gebots kann allerdings lediglich zu disziplinärer Verantwortlichkeit führen. Eine Zustellfiktion oder eine von den Zustellvorschriften des ZustellG abweichende Möglichkeit der Zustellung sieht auch diese Bestimmung nicht vor.