09.12.2010 Verfahrensrecht

OGH: Kommt die Verlegung der Berufungsfrist gem § 464 Abs 3 ZPO auch jener Partei zugute, die ihren Verfahrenshilfeantrag allein auf die Befreiung von den Gerichtsgebühren stützt?

Bei der Bestimmung des § 464 Abs 3 ZPO handelt es sich um eine für das streitige Verfahren geschaffene Ausnahmebestimmung, deren Heranziehung nur in dem vom Gesetz angeführten Fall zulässig ist; fehlt es am Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts, tritt die Fristverlegung nicht ein


Schlagworte: Berufung, Berufungsfrist, Verfahrenshilfe, einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren, Beigebung eines Rechtsanwalts
Gesetze:

§ 464 Abs 3 ZPO, § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO

GZ 4 Ob 99/10b, 31.08.2010

OGH: § 464 Abs 3 ZPO normiert, dass für die die Verfahrenshilfe genießende oder beantragende Partei, die innerhalb der Berufungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, die Berufungsfrist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts und einer schriftlichen Urteilsausfertigung oder dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses beginnt. Dabei handelt es sich nicht um eine Verlängerung, sondern um eine Verlegung der Berufungsfrist.

Bei der Bestimmung des § 464 Abs 3 ZPO handelt es sich um eine für das streitige Verfahren geschaffene Ausnahmebestimmung, deren Heranziehung nur in dem vom Gesetz angeführten Fall zulässig ist. Fehlt es am Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts, tritt die Fristverlegung nicht ein. Es kann daher keine Rede davon sein, dass auch ein lediglich auf die Bewilligung der Begünstigung des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO abzielender Antrag den Beginn der Berufungsfrist beeinflussen könnte.

Der Beklagte hat gerade nicht die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe beantragt; damit liegt der im § 464 Abs 3 ZPO genannte Fall nicht vor. Die Berufungsfrist war somit gem § 464 Abs 2 ZPO vom Tag der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung an zu rechnen, weshalb das Gericht zweiter Instanz die Berufung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.