16.12.2010 Verfahrensrecht

OGH: Elektronische Eingabe und Zeitpunkt des Einbringens bei Gericht - geht ein (längeres) Verweilen der Daten bei der Übermittlungsstelle zu Lasten des Einbringers?

Elektronische Eingaben gelten mit demjenigen Zeitpunkt als bei Gericht eingebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Absender rückmeldet, dass sie seine Daten zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat, sofern die Eingabedaten letztlich tatsächlich bei der Bundesrechenzentrum GmbH zur Gänze einlangen


Schlagworte: Elektronischer Rechtsverkehr, Eingabe, Zeitpunkt des Einbringens bei Gericht, (längeres) Verweilen der Daten bei der Übermittlungsstelle, Weiterleitung der Daten
Gesetze:

§ 89b GOG, § 4 ERV

GZ 6 Ob 103/10f, 01.09.2010

OGH: Nach § 89d Abs 1 GOG gelten elektronische Eingaben als bei Gericht angebracht, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Ist - wie im vorliegenden Fall - vorgesehen, dass die Eingaben über eine Übermittlungsstelle zu leiten sind, und sind sie auf diesem Weg bei der Bundesrechenzentrum GmbH tatsächlich zur Gänze eingelangt, so gelten sie als bei Gericht mit demjenigen Zeitpunkt angebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Einbringer rückgemeldet hatte, dass sie die Daten der Eingabe zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat. Nach § 4 Abs 1 ERV hat die Übermittlungsstelle, wenn sie die Daten der Eingabe zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat, dies dem Einbringer sofort mitzuteilen und den Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) dieser Rückmeldung zu protokollieren; dieses Datum ist mit den Daten der Eingabe zu übermitteln.

Nach hA handelt es sich bei der Bundesrechenzentrum GmbH um eine "vorgelagerte Einlaufstelle des Gerichts", während die Mitteilung (Rückmeldung) der Übermittlungsstelle an den Einbringer über die Übernahme der elektronischen Eingabe zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH nach deren Prüfung dem Poststempel bei Briefsendungen entspricht. Elektronische Eingaben gelten somit mit demjenigen Zeitpunkt als bei Gericht eingebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Absender rückmeldet, dass sie seine Daten zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat, sofern die Eingabedaten letztlich tatsächlich bei der Bundesrechenzentrum GmbH zur Gänze einlangen (§ 89d Abs 1 GOG). Diese Rückmeldung hat sofort zu erfolgen (§ 4 Abs 1 ERV).

Da es nach § 89d Abs 1 GOG, § 4 Abs 1 ERV für die Rechtzeitigkeit einer Eingabe im elektronischen Rechtsverkehr nicht auf den Zeitpunkt der Weiterleitung der Daten an die Bundesrechenzentrum GmbH durch die Übermittlungsstelle, sondern auf den Zeitpunkt deren Rückmeldung an den Absender ankommt, geht ein (längeres) Verweilen der Daten (aus welchem Grund immer) bei der Übermittlungsstelle nicht zu Lasten des Einbringers, sofern die Daten letztlich tatsächlich bei der Bundesrechenzentrum GmbH einlangen.