06.01.2011 Verfahrensrecht

OGH: Wirksame Ersatzzustellung - (offiziell nicht angestellte) Reinigungskraft als taugliche Ersatzempfängerin iSd § 16 Abs 2 ZustG?

Eine Reinigungskraft, die verpflichtet ist, für den Empfänger auf Dauer und in einem gewissen Rhythmus eine Leistung zu erbringen, die - was den Ort und die Zeit der Leistung betrifft - vom Empfänger determiniert ist, ist, auch wenn ein gewisser Spielraum verbleibt, als Arbeitnehmerin des Empfängers und damit als taugliche Ersatzempfängerin iSd § 16 Abs 2 ZustG zu qualifizieren; die Dauer der Arbeiten - wie zB bei bloß stundenweiser Beschäftigung - ist daher grundsätzlich unerheblich


Schlagworte: Zustellrecht, Ersatzzustellung, Ersatzempfänger, Reinigungskraft, Arbeitnehmer
Gesetze:

§ 16 Abs 2 ZustG

GZ 2 Ob 118/10g, 15.09.2010

OGH: Gem § 16 Abs 2 ZustG kann Ersatzempfänger auch der Arbeitnehmer des Empfängers sein. Arbeitnehmer ist, wer in einem Dienstverhältnis zum Empfänger steht, mag dies entgeltlich oder unentgeltlich sein, wobei die Merkmale der Abhängigkeit und Unselbständigkeit vorliegen müssen. Dies gilt auch für juristische Personen als Empfänger.

In Zusammenhang mit dem hier nicht anwendbaren § 13 Abs 4 ZustG, wonach die Sendung in der Kanzlei an jeden dort anwesenden Angestellten eines Parteienvertreters zugestellt werden darf, gelangte der OGH in 8 Ob 119/72 zu dem Ergebnis, dass die zufolge Abwesenheit eines Rechtsanwalts und seiner Kanzleiangestellten an die in den Kanzleiräumen tätige Aufräumefrau vorgenommene Zustellung wirksam zustande kam.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen führte die Übernehmerin hier ca einmal pro Woche, bei freier Dienstzeiteinteilung, solange die Leistung außerhalb der Geschäftszeit der Beklagten erfolgte, Reinigungsarbeiten an vorgegebenen Örtlichkeiten des Betriebs durch, wofür sie vom Geschäftsführer ein Entgelt erhielt, ohne "offiziell" als Arbeitnehmerin angemeldet zu sein.

Die Reinigungsfrau war daher verpflichtet, für die Beklagte auf Dauer und in einem gewissen Rhythmus eine Leistung zu erbringen, die - was den Ort und die Zeit der Leistung betrifft - von der Beklagten determiniert war, auch wenn ein gewisser Spielraum verblieb. Die Dauer der Arbeiten - wie zB bei bloß stundenweiser Beschäftigung - ist grundsätzlich unerheblich.

Der erkennende Senat gelangt daher zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Reinigungskraft als Arbeitnehmerin der Beklagten und damit als taugliche Ersatzempfängerin iSd § 16 Abs 2 ZustG zu qualifizieren ist.