20.01.2011 Verfahrensrecht

OGH: Zur Manuduktionspflicht

Der richterlichen Anleitung zu einem (ergänzenden, präzisierenden) Klagevorbringen bedarf es nicht, wenn der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat


Schlagworte: Manuduktionspflicht
Gesetze:

§ 182 ZPO, § 182a ZPO

GZ 3 Ob 207/10b, 14.12.2010

OGH: Die Manuduktionspflicht des Gerichts hat sich im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen. Nur in diesem Bereich ist auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen, dass das Begehren schlüssig gemacht werde. Die Anleitungspflicht des § 182a ZPO idF ZVN 2002 ist insofern als erweitert anzusehen, als nun auf ein verfehltes Klagebegehren, das nicht dem offenkundig verfolgten Rechtsschutzziel der Partei entspricht, aufmerksam zu machen und dem Kläger Gelegenheit zu geben ist, sein Klagebegehren auch dann zu ändern, wenn dies eine Klageänderung bilde. Eine genaue Abgrenzung der vom Gericht wahrzunehmenden Prozessleitungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Prozessleitungspflicht geht aber nicht so weit, den Kläger etwa auf Rechtsgründe, die sich nicht einmal andeutungsweise aus den vorgetragenen und allenfalls zu ergänzenden oder zu präzisierenden Tatsachen ergeben, sondern ein anderes Tatsachenvorbringen erfordern, hinweisen zu müssen. Der richterlichen Anleitung zu einem (ergänzenden, präzisierenden) Klagevorbringen bedarf es nicht, wenn der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte.