27.01.2011 Verfahrensrecht

OGH: § 521a ZPO - zur Zweiseitigkeit im Rekursverfahren

Die "verfahrensleitende" Entscheidung nach § 521a ZPO ist iSd prozessleitenden Beschlusses im engeren Sinn zu verstehen, der auch sonst abweichenden Regeln unterliegt (vgl § 522 Abs 1 ZPO); damit ist nach der neuen Rechtslage nicht nur das Rekursverfahren gegen die Zurückweisung einer Klage nach Streitanhängigkeit, sondern auch das Rekursverfahren gegen verfahrensbeendende und verfahrensgestaltende Beschlüsse wie etwa die Unterbrechung zweiseitig


Schlagworte: Rekurs, Zweiseitigkeit, nach Streitanhängigkeit, verfahrensleitender Beschluss
Gesetze:

§ 521a ZPO

GZ 7 Ob 191/10d, 24.11.2010

OGH: Richtet sich nach Streitanhängigkeit ein Rekurs gegen einen Beschluss, der nicht bloß "verfahrensleitend" ist, so hat das Prozessgericht erster Instanz, wenn es den Rekurs nicht zurückweist, die Rekursschrift dem Gegner des Rekurswerbers zuzustellen (§ 521a Abs 1 ZPO idF Art III Z 15 ZVN 2009). Mit der Zivilverfahrens-Novelle 2009 wurde also zwecks weiterer Verstärkung des aus Art 6 Abs 1 EMRK herleitbaren Grundsatzes der Waffengleichheit das Rechtsmittelverfahren gegen Beschlüsse generell zweiseitig gestaltet.

Ausgenommen sind seither nur mehr Beschlüsse, die vor Streitanhängigkeit ergehen, sowie prozessleitende (verfahrensleitende) Beschlüsse, soweit im Einzelnen nicht die Zweiseitigkeit angeordnet ist. Prozessleitende Beschlüsse - weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien geben eine Definition oder klare Abgrenzung - dienen nach der Lehre der notwendigen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens, haben also keinen Selbstzweck und vermögen auch kein vom Verfahren losgelöstes Eigenleben zu entfalten.

Anders als nach der früheren Rechtslage ist der Rekurs nach § 521a ZPO nunmehr also im Regelfall zweiseitig, sofern es sich nicht bloß um einen "verfahrensleitenden" Beschluss handelt. Damit kehrt die neue Regelung das bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis um.

Die Lehre unterscheidet zwischen prozessbeendenden, verfahrensgestaltenden (dazu gehört etwa die Unterbrechung oder die Zulassung einer Klageänderung) und prozessleitenden Beschlüssen im engeren Sinn. Aus verfassungsrechtlicher Sicht stünde es mit Art 6 MRK in Einklang, unter "verfahrensleitenden" Entscheidungen all jene Beschlüsse zu subsumieren, die keine Sachentscheidung darstellen. Ein derartiges Verständnis verbietet sich aber im Hinblick auf den von § 48 Abs 1 AußStrG, der die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens vorsieht, wenn über die Sache oder die Kosten des Verfahrens entschieden wird, abweichenden Wortlaut der Neuregelung. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Neuregelungen die Zweiseitigkeit gegenüber § 521a ZPO aF erweitern wollte.

Die "verfahrensleitende" Entscheidung nach § 521a ZPO ist daher iSd prozessleitenden Beschlusses im engeren Sinn zu verstehen, der auch sonst abweichenden Regeln unterliegt (vgl § 522 Abs 1 ZPO). Damit ist nach der neuen Rechtslage nicht nur das Rekursverfahren gegen die Zurückweisung einer Klage nach Streitanhängigkeit, sondern auch das Rekursverfahren gegen verfahrensbeendende und verfahrensgestaltende Beschlüsse wie etwa die Unterbrechung zweiseitig.

Aus diesem Grund ist auch das vorliegende Rechtsmittelverfahren, in dem über die Zulässigkeit einer Nebenintervention zu entscheiden ist (anders als nach der früheren Rechtslage und auch anders als im Außerstreitverfahren), nicht (mehr) einseitig, weshalb die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten nicht als unzulässig zurückzuweisen ist.