10.02.2011 Verfahrensrecht

OGH: AnfO - zur Befriedigungstauglichkeit (iZm Belastungs- und Veräußerungsverbot)

Die Befriedigungstauglichkeit ist schon bei Wahrscheinlichkeit der Verbesserung der Befriedigungslage in absehbarer Zeit zu bejahen


Schlagworte: Anfechtungsrecht, Befriedigungstauglichkeit, Belastungs- und Veräußerungsverbot
Gesetze:

§ 1 AnfO, § 2 AnfO, § 3 AnfO

GZ 3 Ob 216/10a, 14.12.2010

OGH: Neben einer Befriedigungsverletzung ist die Befriedigungstauglichkeit Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung. Die Anfechtung ist befriedigungstauglich, wenn die Beseitigung der Rückwirkungen der Schuldnerhandlung die Befriedigungsaussichten des Anfechtungsklägers zu fördern im Stande ist. Es genügt dabei, dass die damit bewirkte Verbesserung der Befriedigungsaussichten wahrscheinlich ist. Jede Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers auf das Schuldnervermögen ist grundsätzlich als befriedigungstauglich anzusehen. Es genügt, wenn ohne das geschlossene Geschäft für den Gläubiger eine bessere Lage bestünde. Im Zweifel ist zu Gunsten der Anfechtung zu entscheiden.

Grundsätzlich ist zwar in einem Fall, in dem zur Erweiterung der Haftungsgrundlage für den vollstreckbaren Anspruch des Anfechtungsgläubigers anfechtbar begründete Rechtspositionen zweier verschiedener Personen angefochten werden müssten, die erfolgreiche Anfechtung gegenüber dem einen Anfechtungsgegner jeweils Voraussetzung für die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung gegenüber dem anderen Anfechtungsgegner, die Anfechtung muss aber nicht gegen alle Anfechtungsgegner als notwendige Streitgenossen gemeinsam verfolgt werden, sondern ist in getrennten Prozessen zulässig. Der Ausnahmefall, dass beide Anfechtungsprozesse nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen dürfen (vgl 5 Ob 196/00k: Ehegattenwohnungseigentum), liegt hier nicht vor.

Die Befriedigungstauglichkeit iSd durch die erfolgreiche Anfechtung wahrscheinlich erleichterten Zugriffsmöglichkeit auf das Schuldnervermögen ist unter Zugrundelegung des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts zu bejahen. Selbst wenn die Anfechtung des Belastungs- und Veräußerungsverbots zu Gunsten der Mutter des Beklagten nicht erfolgreich sein sollte, verbessert die Beseitigung des zu Gunsten des Beklagten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots gegenüber der Klägerin deren Befriedigungsaussicht. Bereits mehrfach hat der OGH in einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zu Gunsten eines älteren Verbotsberechtigten kein Anfechtungshindernis erblickt. Es wäre am Anfechtungsgegner gelegen, der aus den Klagebehauptungen abzuleitenden Wahrscheinlichkeit einer Befriedigungstauglichkeit entgegenzutreten und darzulegen, warum mit einem Erlöschen des Belastungs- und Veräußerungsverbots bzw mit einem Verzicht gegenüber der Klägerin in absehbarer Zeit nicht zu rechnen wäre. Der Hinweis des Beklagten auf die lange Verfahrensdauer in Ansehung des gegen seine Mutter geführten Anfechtungsprozesses geht fehl. Aus der langen Verfahrensdauer ist nichts über den Ausgang des Verfahrens zu gewinnen. Im Hinblick auf die Befristung des Anfechtungsrechts kann der Gläubiger auch nicht auf eine erst nach tatsächlicher Änderung der Sachlage in Ansehung des anderen Belastungs- und Veräußerungsverbots (zu Gunsten der Mutter des Beklagten) verwiesen werden. Die Befriedigungstauglichkeit ist eben schon bei Wahrscheinlichkeit der Verbesserung der Befriedigungslage in absehbarer Zeit zu bejahen.