07.04.2011 Verfahrensrecht

OGH: Exekution nach § 350 EO iZm Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks und eingetragenem Veräußerungs- und Belastungsverbot

Wird aufgrund des § 350 EO eine Eintragung im Grundbuch begehrt, sind die Vorschriften des GBG zu beachten; ein Exekutionstitel, der die Verpflichtung zur Einwilligung in die Vornahme einer bücherlichen Eintragung ausspricht, ermöglicht die Exekution nach § 350 EO; ein vertragliches Belastungs- und Veräußerungsverbot hindert einen kraft Gesetzes eingetretenen Eigentumserwerb nicht; gem § 384 Abs 3 EO kann ein richterliches Verbot nach § 382 Z 6 EO seine Wirkung nur gegenüber freiwilligen Verfügungen des Gegners äußern, exekutive Schritte hingegen in keiner Weise verhindern


Schlagworte: Exekutionsrecht, Exekution zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen, Einräumung oder Aufhebung bücherlicher Rechte, Einverleibung, Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks, eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot
Gesetze:

§ 350 EO, § 364c ABGB, § 382 Z 6 EO, § 384 Abs 3 EO, § 948 ABGB

GZ 3 Ob 245/10s, 19.01.2011

Die Verpflichtete ist aufgrund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteils schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechts an einer bestimmten Liegenschaft zu Gunsten des Betreibenden einzuwilligen.

In seinem Exekutionsantrag vom 2. April 2010 beantragte der Betreibende, ihm die Exekution nach § 350 EO "durch die Einverleibung seines Eigentumsrechts an 1/1-Anteilen der verpflichteten Eigentümerin" der Liegenschaft zu bewilligen. Dem Exekutionsantrag war der Exekutionstitel, wonach die Verpflichtete als Geschenknehmerin als Folge des berechtigten Widerrufs der Schenkung wegen groben Undanks durch den Betreibenden zur Rückgabe der Liegenschaft verpflichtet ist, beigeschlossen.

Der Grundbuchsstand wies die Verpflichtete als Eigentümerin der Liegenschaft aus. Folgende Verbote waren einverleibt: Zu TZ 638/1991 das "Belastungs- und Veräußerungsverbot" für den Betreibenden, zu TZ 2199/2004 das "Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbot (7 C 2051/04d)", zu TZ 480/2005 das "Belastungs- und Veräußerungsverbot für Bernd Konrad B***** (1987-02-06)", einen weiteren Sohn der Verpflichteten, und zu TZ 932/2005 das "Belastungs- und Veräußerungsverbot gem § 364c ABGB gem Punkt 1. Vergleich 2005-02-04" für die beiden mj Paolo Augustin B***** und Janina Maria B*****.

OGH: Zutreffend ist die Rechtsmeinung des Rekursgerichts, der vorliegende Exekutionstitel, der die Verpflichtung zur Einwilligung in die Vornahme einer bücherlichen Eintragung ausspricht, ermögliche die Exekution nach § 350 EO; ebenso die Ansicht, die Verbotsberechtigten seien rekurslegitimiert. Weiters trifft es zu, dass ungeachtet des Umstands, dass dies im § 350 EO nicht ausdrücklich gesagt wird, auch dann, wenn aufgrund des § 350 EO eine Eintragung im Grundbuch begehrt wird, die Vorschriften des GBG zu beachten sind, daher sind die einem Bucheintrag entgegenstehenden Hindernisse (§ 94 GBG) zu beachten.

Dem Rekursgericht kann allerdings nicht dahin gefolgt werden, die intabulierten Verbote würden einer exekutiven Einverleibung des Eigentumsrechts des Betreibenden entgegenstehen.

Da der im ersten Rang Verbotsberechtigte selbst die Exekution zur Einverleibung seines Eigentumsrechts betreibt, kann nicht zweifelhaft sein, dass er seine Zustimmung dazu erteilt. Dieses Verbot vermag daher die Verweigerung der Exekutionsbewilligung nicht zu rechtfertigen.

Schon nach der Textierung des im nächsten Rang zu TZ 2199/2004 einverleibten "Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbot[s] (7 C 2051/04d)" ist hinreichend klargestellt, dass es sich dabei um ein richterliches Verbot nach § 382 Z 6 EO handelt. Bestätigt wird dies durch das Rekursvorbringen, Gegenstand dieses Prozesses gegen die Verpflichtete sei die Einverleibung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft gewesen. Gem § 384 Abs 3 EO kann ein solches Verbot seine Wirkung nur gegenüber freiwilligen Verfügungen des Gegners (hier der Verpflichteten als [damalige] Eigentümerin der Liegenschaft) äußern, exekutive Schritte hingegen in keiner Weise verhindern. Gegen die Exekutionsbewilligung lässt sich dieses richterliche Verbot daher nicht ins Treffen führen.

Beim zugunsten der beiden mj Kinder der Verpflichteten letztrangig intabulierten Belastungs- und Veräußerungsverbot handelt es sich ausdrücklich um ein solches nach § 364c ABGB, das in einem Vergleich, also rechtsgeschäftlich eingeräumt wurde. Nach dem Rekursvorbringen gilt dies auch für das vorrangig eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des bereits volljährigen Sohnes der Verpflichteten, sodass beide demselben rechtlichen Schicksal unterworfen sind.

Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass ein vertragliches Belastungs- und Veräußerungsverbot einen kraft Gesetzes eingetretenen Eigentumserwerb nicht hindert. Dafür wird argumentiert, rechtsgeschäftliche Belastungs- und Veräußerungsverbote seien nicht dazu berufen, Eigentumsveränderungen hintanzuhalten, die nicht auf dem Willen des Eigentümers beruhen, aber auch damit, sie stünden Eigentumsveränderungen, die nicht auf vertraglicher Grundlage beruhen, sondern ex lege von selbst entstehen, nicht entgegen.

Der Widerruf einer Schenkung durch den Schenker gem § 948 ABGB ist eine an gesetzliche Voraussetzungen gebundene rechtsgestaltende Willenserklärung und nicht der Gegenstand des Spruchs eines rechtsgestaltenden Urteils, weshalb ein Leistungsbegehren zu stellen ist. Schon der (gerechtfertigte) Widerruf gestaltet die Rechtslage dahin, dass der Beschenkte das Geschenk zurückzugeben hat. Der Beschenkte ist dann zwar noch formell der Eigentümer der geschenkten Sache, aber zur Herausgabe an den Geschenkgeber verpflichtet. Die von diesem angestrebte Eigentumsübertragung beruht also so wie in den zitierten anderen Fällen nicht auf dem Willen der mit dem Veräußerungsverbot belasteten Eigentümerin. § 364c ABGB stellt auf rechtsgeschäftliche Veräußerungen oder gleichzuhaltende Vorgänge, wie Entscheidungen über Teilungsklagen oder Anträge im Aufteilungsverfahren ab.

Der vom betreibenden Geschenkgeber erwirkte Rückgabeanspruch, den er nunmehr exekutiv durchsetzen will, ist also offenkundig weder vom Willen der Eigentümerin der Liegenschaft (= Geschenknehmerin = Verpflichtete) getragen noch steht er auf vertraglicher Grundlage. Dieser Anspruch stellt vielmehr eine gesetzlich angeordnete Rechtsfolge der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit des Widerrufs einer Schenkung durch den Betreibenden dar, die hier zu Recht in Anspruch genommen wurde. Daher kann dieser ex lege entstandene Rückgabeanspruch iSd Ansicht des Revisionsrekurswerbers ungeachtet der rechtsgeschäftlichen Belastungs- und Veräußerungsverbote zugunsten der Kinder der Verpflichteten exekutiv durchgesetzt werden. Ob die Schenkungsanfechtung ex tunc oder nur ex nunc wirksam wird, ist nicht maßgeblich (letzteres etwa im Fall der Einräumung eines Notwegs).