19.05.2011 Verfahrensrecht

OGH: Zum Verhältnis einer negativen Feststellungsklage (bzw hier: eines Unterhaltsenthebungsantrags) zur Oppositionsklage

Die Oppositionsklage entfaltet Streitanhängigkeit gegenüber einer später eingebrachten Feststellungsklage; Letztere ist aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen; bei gleichem Rechtschutzziel von Oppositionsklage und späterem Enthebungsantrag ist mit Zurückweisung des später eingebrachten Enthebungsantrags vorzugehen


Schlagworte: Exekutionsrecht, Streitverfahren, Außerstreitverfahren, parallele Rechtsverfolgung, Oppositionsklage, Feststellungsklage, Unterhaltsenthebungsantrags
Gesetze:

§ 35 EO, § 228 ZPO, § 233 ZPO, § 12 Abs 2 AußStrG

GZ 4 Ob 17/11w, 12.04.2011

Der Vater beantragt die Enthebung von der Unterhaltspflicht gegenüber seinem (volljährigen) Sohn ab 31. 7. 2006. Der Antragsgegner führt gegen den Vater Exekution. Ein Oppositionsverfahren ist anhängig, in dem zu klären ist, ob der Unterhaltsanspruch seit 31. 7. 2006 teilweise oder zur Gänze erloschen ist.

Das Erstgericht wies den Antrag unter Hinweis auf das (über denselben Zeitraum) anhängige Oppositionsverfahren zurück.

OGH: Einwendungen nach § 35 EO richten sich nach stRsp unmittelbar gegen den betriebenen Anspruch; das der Oppositionsklage stattgebende Urteil spricht über den materiellrechtlichen Anspruch unmittelbar ab. Die höchstgerichtliche Rsp geht davon aus, dass mit der Oppositionsklage alles erreicht wird, was auch mit einer (negativen) Feststellungsklage erreichbar ist. Sobald ein Exekutionsverfahren anhängig ist, ist nur mehr die Oppositionsklage zulässig. Ein über die Oppositionsklage ergehendes Urteil, wonach ein bestimmter Anspruch erloschen ist, hat die gleiche Wirkung - insbesondere auch Rechtskraftwirkung - wie ein (negatives) Feststellungsurteil. Die Oppositionsklage entfaltet Streitanhängigkeit gegenüber einer später eingebrachten Feststellungsklage. Letztere ist aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

Mangels Streitanhängigkeit zwischen außerstreitigem und streitigem Verfahren macht ein Antrag auf Unterhaltsherabsetzung (oder Enthebung) eine spätere Oppositionsklage nicht unzulässig. Die Rechtskraft der Entscheidung des Außerstreitrichters ist im Oppositionsprozess jedoch von Amts wegen zu berücksichtigen.

Bei gleichzeitiger Erhebung desselben Anspruchs im streitigen und außerstreitigen Verfahren verneinte die Rsp zur Rechtslage vor dem AußStrG 2005 eine Streitanhängigkeit, mit der Begründung, das Außerstreitverfahren enthalte keine Bestimmung, die jener des § 233 ZPO entspreche.

§ 12 Abs 2 AußStrG 2005 sieht für das Außerstreitverfahren nunmehr vor, dass bei Anhängigkeit desselben Verfahrensgegenstands bei mehreren Gerichten die Sache an jenes der an sich zuständigen Gerichte zu überweisen ist, bei dem sie zuerst anhängig wurde. Diese Bestimmung dient (wie § 233 ZPO oder Art 27 EuGVVO) dazu, parallele Verfahren und damit einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern. Innerhalb des Außerstreitverfahrens wird dies durch Verbindung der Verfahren beim zuerst angerufenen Gericht bewirkt; eine rechtswegübergreifende Verbindung kommt aber ebenso wenig in Betracht wie eine grenzüberschreitende. In Konstellationen wie der hier zu beurteilenden (gleiches Rechtschutzziel von Oppositionsklage und späterem Enthebungsantrag) ist daher mit Zurückweisung des später eingebrachten Enthebungsantrags vorzugehen. Dieses Ergebnis legt auch der Grundsatz der Prozessökonomie nahe, demzufolge "Verfahrenswiederholungen" (die im Falle der Zulassung des Antrags auf Unterhaltsenthebung bei gleichzeitig anhängigem Oppositionsverfahren gegeben wären) möglichst zu vermeiden sind.

Die vom Revisionsrekurswerber ins Treffen geführten unterschiedlichen Aspekte des Oppositions- und des Feststellungs- (oder auch Außerstreit-)verfahrens sind nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die Zulässigkeit eines neben der Oppositionsklage - aus denselben Gründen und mit demselben Rechtschutzziel - eingebrachten Enthebungsantrags zu rechtfertigen. Die Zurückweisung des Antrags entzieht dem Antragsteller weder den gesetzlichen Richter, noch begründet sie eine Verletzung des Art 6 MRK.