19.05.2011 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob ein Wiederaufleben einer nicht angemeldeten Konkursforderung nach § 156 Abs 4 KO mangels einer Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO eintritt und eine Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners entsprechend § 197 Abs 1 KO ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht kommt

Die Abhängigkeit der Quotenforderung von der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners ist die Rechtsfolge der Nichtanmeldung der Forderung und unabhängig von einer vorhergehenden Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO


Schlagworte: Konkursrecht, Konkurs, Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen, Zahlungsplan, Unterlassen einer Antragstellung, Wiederaufleben, Quote, Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners
Gesetze:

§ 197 KO aF, § 156 Abs 4 KO aF

GZ 3 Ob 51/11p, 13.04.2011

OGH: Mit der Insolvenzrechts-Novelle 2002 (BGBl I 2002/75) wurden dem sonst unverändert gebliebenen § 197 KO die Absätze 2 und 3 angefügt (nunmehr im Wesentlichen § 197 Abs 2 und 3 IO). Die Novelle verschärfte die Nachteile für Gläubiger, die ihre Konkursforderungen nicht anmelden. Der Gesetzgeber erkannte als Problem, dass Konkursgläubiger, die - wie auch die Gläubigerin im konkreten Fall - bereits über einen Exekutionstitel verfügen, ihre Forderungen nicht anmelden. Sie hätten dazu keinen Grund, weil sie nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses Exekution führen könnten. Es liege am Schuldner, mit Oppositionsklage geltend zu machen, dass die Leistung der Zahlungsplanquote nicht seiner Einkommens- und Vermögenslage entspreche. Dies biete dem Schuldner jedoch nicht ausreichend Schutz, weil er nach exekutivem Zugriff auf sein Arbeitseinkommen nicht mehr über die pfändbaren Bezüge verfüge, um die Zahlungsplanraten zu zahlen.

§ 197 Abs 3 KO legt daher nunmehr fest, dass ein Gläubiger, der seine Forderung nicht angemeldet hat, Exekution nur nach Maßgabe eines Beschlusses gem § 197 Abs 2 KO führen kann. § 197 Abs 2 KO bestimmt, dass das Konkursgericht auf Antrag vorläufig (§ 66 AO, nunmehr § 156b IO) zu entscheiden hat, ob die zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Eine solche Provisorialentscheidung des Konkursgerichts hat - über Antrag des Schuldners oder des betroffenen Gläubigers - jenen Betrag festzulegen, den der Schuldner nach den Kriterien des § 197 Abs 2 KO zu zahlen hat. Bei der Bemessung dieses Betrags ist zu beachten, dass dem Schuldner das Existenzminimum zu verbleiben hat. Als "Faustregel" gilt, dass ein nicht anmeldender Gläubiger keinen Anspruch auf die Quote hat, wenn der Schuldner den unpfändbaren Teil seiner Bezüge angreifen müsste.

Im vorliegenden Fall hat die Gläubigerin ihre titulierte Forderung im Schuldenregulierungsverfahren nicht angemeldet. Ein - vom Gesetz nicht in irgendeiner Weise befristeter - Antrag nach § 197 Abs 2 KO, der nach der Rsp ein Wiederaufleben der Forderung gem § 156 Abs 4 KO (nunmehr § 156a IO) vorläufig verhindern kann, wurde weder von der Gläubigerin noch vom Schuldner gestellt.

Unstrittig liegen die formellen Voraussetzungen für ein Wiederaufleben der Forderung der beklagten Partei vor. Fraglich ist vorerst, ob es materiell überhaupt zu einem Wiederaufleben der Forderung gekommen ist.

Der Standpunkt der beklagten Partei, lässt sich dahin zusammenfassen, dass ein Wiederaufleben der Forderung der beklagten Partei mangels einer Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO eingetreten ist und dass eine Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners entsprechend § 197 Abs 1 KO ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht kommt.

Eine solche Aussage ist allerdings den von der beklagten Partei in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidungen 8 Ob 146/09t und 8 Ob 117/06y nicht explizit zu entnehmen.

In der Entscheidung 8 Ob 117/06y wurde nur betont, dass der Gläubiger für eine Exekutionsführung auf die Quote einen Beschluss nach § 197 Abs 2 KO benötigt und dass der Schuldner mit rechtzeitiger Antragstellung die Verzugsfolgen nach § 156 Abs 4 KO, also das Wiederaufleben der Forderung, verhindern kann. Rechtzeitig kann der Antrag demnach nur sein, wenn er iSd hM vor einem schon erfolgten Wiederaufleben gestellt wurde. Damit wird nichts darüber ausgesagt, dass bei Unterbleiben einer Beschlussfassung ein Gläubiger, der schon über einen Titel verfügt, mit qualifizierter Mahnung die Verzugsfolgen herbeiführen könnte, ohne dass die Voraussetzungen des § 197 Abs 1 KO zu prüfen wären. Dem steht schon der bloß vorläufige Charakter eines Beschlusses nach § 197 Abs 2 KO entgegen, geht es doch nach den in der angeführten oberstgerichtlichen Entscheidung zitierten Gesetzesmaterialien inhaltlich um einen Oppositionsgrund.

Die gegenteilige Rechtsansicht der beklagten Partei überzeugt nicht. Sie würde dazu führen, dass der - mit der InsNov. 2002 noch verstärkte - Zweck des § 197 Abs 1 KO konterkariert würde. Der Gläubiger könnte diesen Zweck ganz einfach durch Unterlassen einer Antragstellung unterlaufen.

Nach § 193 Abs 1 Satz 2 KO iVm § 156 Abs 1 KO wird der Schuldner durch den rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan von der Verbindlichkeit befreit, den Gläubigern den Ausfall zu ersetzen. Der Forderungsnachlass tritt also bereits mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zahlungsplans ein. Ein Wiederaufleben ist im Ausgleich und Zwangsausgleich an die Nichtzahlung einer fälligen Verbindlichkeit gebunden (§ 156 Abs 4 KO).

Für den Fall des Zahlungsplans schränkt die dem § 156 KO vorrangige Regelung des § 197 Abs 1 KO den Anspruch des Gläubigers, der seine Forderung im Konkurs nicht angemeldet hat, auf die Quote ein: Der Gläubiger hat nur insoweit Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht.

Am Vorrang des § 197 Abs 1 KO, dessen Voraussetzungen nicht nur über Antrag im Verfahren nach § 197 Abs 2 KO vom Konkursgericht, sondern auch im Oppositionsverfahren zu prüfen sind, kann angesichts des Gesetzeszwecks, ein Scheitern des Zahlungsplans zu verhindern, kein Zweifel bestehen. Die Abhängigkeit der Quotenforderung von der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners ist die Rechtsfolge der Nichtanmeldung der Forderung und unabhängig von einer vorhergehenden Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO.

Angesichts der festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Oppositionsklägers bestand zu den beiden Fälligkeitszeitpunkten kein Anspruch der beklagten Partei auf die Quote aus ihrer nicht angemeldeten Forderung. Auch wenn die formellen Voraussetzungen für das Wiederaufleben (qualifizierte Mahnung etc) erfüllt waren, konnte es materiell nicht zu einem Wiederaufleben kommen.

Das Nichtwiederaufleben der Forderung der beklagten Partei nach § 197 Abs 1 KO iVm § 156 KO kann vom Schuldner mit Oppositionsklage geltend gemacht werden.