20.12.2004 Wirtschaftsrecht

OGH: Ein zur Unterlassung verpflichteter Verfahrensbeteiligter kann - wenn er gleichzeitig Medieninhaber ist - direkt zur Urteilsveröffentlichung in seinem Medium verpflichtet werden


In seinem Urteil vom 18.8.2004 zur GZ 4 Ob 141/04w hatte sich der OGH mit dem UWG auseinanderzusetzen:

Die Klägerin entwickelt ua Softwarestandardlösungen für kleinere und mittlere Unternehmen und vertreibt diese über ein Vertragshändlernetz. Eine Vertragsbeziehung zur Beklagten besteht nicht. Die Beklagte vertreibt ua die Software "S*****" gleichfalls eine Softwarestandardlösung für kleinere und mittlere Unternehmen. Sie ist Inhaberin der Internet-Homepage www.k*****.de". Auf Veranlassung der Beklagten erschien bei Eingabe des als Marke geschützten Firmenbestandteils der Klägerin "M*****" in der Internet-Suchmaschine Google bis zum 5. 3. 2003 unter der Überschrift "Sponsoren-Links" die mit der Homepage der Beklagten verlinkte Anzeige "S***** Softwarelösungen für kleine bis mittlere Unternehmen www.k*****.de". Von dieser Anzeige gelangte man über ein Link direkt auf die Homepage der Beklagten, welche keine Informationen über Produkte oder Angebote der Klägerin enthielt, wohl aber Informationen zu den von der Beklagten vertriebenen Konkurrenzprodukten.Die Klägerin begehrte Unterlassung und Urteilsveröffentlichung. Nach Anerkenntnis des Unterlassungsanspruches fällte das Erstgericht ein Teilanerkenntnisurteil, womit es der Beklagten gebot, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen und damit verbundenen Werbemaßnahmen im Internet zu unterlassen, auf Trefferlisten-Seiten von Internet-Suchmaschinen zum Suchwort "m*****" oder zu Suchworten mit dem Bestandteil "m*****" mit einem Link auf ihre eigene Homepage zu verweisen, wenn diese keine Aussage oder Angebote von M*****-Produkten oder Aussagen über andere Produkte, insbesondere S*****, enthalte.Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte antragsgemäß zur Urteilsveröffentlichung. Es stellte noch fest, die Beklagte habe die beanstandete Anzeige zwischenzeitig zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt löschen lassen. Sie sei aber zumindest zwischen 15. 2. und 5. 3. 2003 auf den Trefferlisten-Seiten von google.de sichtbar gewesen. In dieser Zeit sei das Wort "M*****" 2008mal in die Suchmaschine google eingegeben worden, jede diese Eingaben habe zu der die vorliegende Anzeige der Beklagten aufweisenden Treffer-Listen-Seite geführt. In der Folge hätten 28 Besucher die Website der Beklagten angeklickt.

Der OGH hatte sich nun mit der Frage zu beschäftigen, ob ein zur Unterlassung verpflichteter Verfahrensbeteiligter (wenn er gleichzeitig Medieninhaber ist) direkt zur Urteilsveröffentlichung in seinem Medium verpflichtet werden kann.Dazu der Senat: § 25 Abs 3 UWG ermächtigt die obsiegende Partei, die Urteilsveröffentlichung auf Kosten des Prozessgegners vorzunehmen. Der Gesetzgeber ging bei dieser Bestimmung erkennbar davon aus, dass die Urteilsveröffentlichung im Medium eines Dritten erfolgen werde, weshalb er die obsiegende Partei zur entsprechenden Veranlassung auf Kosten des unterlegenen Prozessgegners ermächtigte, zugleich den Medieninhaber zur unverzüglichen Vornahme der angeordneten Veröffentlichung verpflichtete (§ 25 Abs 7 UWG) und überdies eine Regelung für den Ersatz der Einschaltungskosten durch die unterlegene Partei vorsah. Den Fall, dass der zur Unterlassung verpflichtete Verfahrensbeteiligte - wie hier - zugleich auch Inhaber des zur Veröffentlichung bestimmten Mediums ist, hat der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht und wohl auch deshalb eine Verpflichtung des Unterlegenen, die Veröffentlichung in seinem Medium vorzunehmen, nicht ausdrücklich festgelegt. Eine derartige Verpflichtung ist nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung in Verbindung mit ihrem Zweck jedoch zu bejahen: Der Senat hat aus § 25 Abs 7 UWG bereits eine aus Kontrahierungszwang sich ergebende zivilrechtliche Verpflichtung des Medieninhabers zur Veröffentlichung abgeleitet und der zur Urteilsveröffentlichung ermächtigten Partei einen privatrechtlichen, erforderlichenfalls mit Klage durchsetzbaren Anspruch gegen den Medieninhaber, in dessen Medium die Urteilsveröffentlichung vorzunehmen ist, zuerkannt. Die Veröffentlichungspflicht des Medieninhabers nach § 25 Abs 7 UWG trifft bei Verstößen im Internet aber auch den Inhaber jener Website, auf der - nach Anordnung des Gerichts - die Veröffentlichung vorgenommen werden soll, um jene Verkehrskreise zu erreichen, denen gegenüber die beanstandete wettbewerbswidrige Handlung wirksam geworden ist . Auch er ist dem zur Urteilsveröffentlichung Berechtigten gegenüber zivilrechtlich verpflichtet, die Veröffentlichung auf seiner Website vorzunehmen.Im konkreten Fall sind daher jene Verkehrsteilnehmer aufzuklären, die über die Suchmaschine Google die Marke der Klägerin aufsuchten und auf die Homepage der Beklagten gelangten. Diese Aufklärung ist auf der Homepage der Beklagten durch sie selbst vorzunehmen. In einem Fall, in dem die Beklagte selbst als Medieninhaberin nach § 25 Abs 7 UWG zur Urteilsveröffentlichung nach Ermächtigung des Klägers im Sinn des § 25 Abs 3 UWG verpflichtet wäre, wäre es aber unnötiger Formalismus, den Kläger zunächst nur zur Urteilsveröffentlichung im Medium der Beklagten zu ermächtigen, eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten aber noch nicht auszusprechen, zumal dieser Ausspruch die Rechtsposition der Beklagten nicht verschlechtert. Als Medieninhaberin ist sie ohnehin nach § 25 Abs 7 UWG zur Veröffentlichung verpflichtet. Als Verfahrensbeteiligte kann sie - anders als ein dritter, nicht verfahrensbeteiligter Medieninhaber - auch Einwände gegen Art und Umfang der Urteilsveröffentlichung schon im Verfahren vorbringen. Eine Verletzung ihres Gehörs ist daher in diesen Fällen nicht zu befürchten.

Zum Umfang des Veröffentlichungsbegehrens im Internet erschien es zweckmäßig, wie schon in früher entschiedenen Verfahren (etwa 4 Ob 177/02m) die Veröffentlichung in Form eines Pop-Up-Fensters vorzunehmen, sobald der Internet-Nutzer auf eine bestimmte Seite gelangt. Diese Einschränkung des Veröffentlichungsbegehrens bedeutet einen Kompromiss zwischen den Interessen des Klägers an der entsprechenden Information von Besuchern der Website der Beklagten und dem Interesse der Beklagten an einer freien Gestaltung und Nutzung der eigenen Website. Zur angeordneten Größe des Pop-Up-Fensters erschien auch hier ein Viertel der Bildschirmoberfläche ausreichend.