27.12.2004 Wirtschaftsrecht

OGH: Bei hochwertigen Produkten kann schon ein kleiner Personenkreis den maßgebenden Personenkreis der beteiligten Verkehrskreise iSd UWG bilden


Mit Urteil vom 19.10.2004 (GZ 4 Ob 190/04y) hat sich der OGH mit Fragen zum UWG beschäftigt:

Beide Parteien vertreiben Trinkgläser mit der Bezeichnung "Vinum" (beide verwenden in der Werbung und im Verkauf stets auch ihr Firmenschlagwort). Eine Umfrage (im Auftrag der Klägerin) ergab, dass unter Händlern "gehobener Glaswaren" und in der "gehobenen Gastronomie" etwa 95% der Befragten den Namen "Vinum" bereits gehört hatten und etwa 92% als Herstellerin die Klägerin nannten.Die Klägerin begehrte, unter Bezugnahme auf § 9 Abs 3 UWG, der Beklagten zu untersagen, die Bezeichnung "Vinum" im geschäftlichen Verkehrt für eine Trinkgläserserie zu verwenden.

Der Schutz des § 9 Abs 3 UWG umfasst alle Hilfsmittel des Geschäftsbetriebs, die wegen ihrer besonderen äußeren Gestaltung im Verkehr als individueller Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen anerkannt sind, also ua auch ein nicht registriertes Warenzeichen, so der OGH. Die Verkehrsgeltung braucht nach stRsp nicht in allen beteiligten Kreisen - Großhändler, Einzelhändler, Verbraucher - zu bestehen, es genügt vielmehr, wenn auch nur ein nicht unbeträchtlicher Teil einer der im konkreten Fall angesprochenen Gruppen in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein best Unternehmen sieht. Bei Waren der gehobenen Preis- und Qualitätsklasse sind, anders als bei Waren des täglichen Bedarfs und des Massenkonsums, regelmäßig nicht sämtliche Händler und Verbraucher, sondern nur diejenigen angesprochen, die als Käufer und Verwender konkurrierender Erzeugnisse der gleichen Qualitäts- und Preisklasse in Betracht kommen. Da nur sie diese entspr Waren in ihre Kaufüberlegungen miteinbeziehen werden, kann das Zeichen auch nur für ihre Kaufentscheidung als Unterscheidungsmittel von Bedeutung sein. Somit kann bei hochwertigen Produkten schon ein kleiner Personenkreis den maßgebenden Personenkreis der beteiligten Verkehrskreise bilden. Die beteiligten Verkehrskreise werden damit - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht nach subjektiven, sondern nach objektiven Kriterien - "gehobene(r)" Fachhandel bzw Gastronomie, sind Unternehmen, deren Angebot in Qualität und Preis über dem Durchschnitt liegt - unterteilt.Ohne Bedeutung ist es, ob die beteiligten Verkehrskreise in concreto überhaupt Waren der Beklagten nachfragen, da der Schutz nach § 9 UWG weder aktuellen Wettbewerb noch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien voraussetzt.

Die Klägerin hat den für ihr Zeichen festgestellten Bekanntheitsgrad nicht bloß in Teilen von Verkehrskreisen, sondern jeweils in jenem Verkehrskreis erreicht, in dem ihr in Qualität und Preis über dem Durchschnitt liegendes Produkt mit Produkten dieser Qualitäts- und Preisklasse in Konkurrenz tritt. Dass die Fachhändler, wie die Beklagte geltend macht, die Produkte genau kennen werden, schließt eine Verwechslung nicht aus. Aus einer genauen Produktkenntnis folgt nicht auch eine genaue Kenntnis des jeweiligen Herstellers. Es ist durchaus denkbar, dass aus der verwechselbaren Ähnlichkeit der beiden Zeichen auf in Wahrheit nicht bestehende besondere geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen den beiden Unternehmen geschlossen wird, sodass Verwechslungsgefahr (im weiten Sinne) besteht.