01.01.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Voraussetzung hiefür ist jedoch das Bewusstsein des Wettbewerbsverstoßes


Im vorliegenden Fall (Beschluss vom 18.8.2004, GZ 4 Ob 122/04a) hatte die Ärztekammer für ÖO beantragt, eine EV gegen einen Taxiunternehmer zu erwirken, da dieser nach Meinung der Ärztekammer an einer verbotenen, markschreierischen Werbung beteiligt ist. In concreto wirbt der Taxiunternehmer auf seinem Taxi mit dem Schriftzug www.zahntaxi.at (Betreiber: ungarische TopDent Zahnkliniken und mehrere öst Mietwagen- und Taxiunternehmen). Eine als Ansichtskarte getarnte Werbung von TopDent (zusätzlich war auch von "freundlichen und hübschen Assistentinnen" die Rede) sah die Ärztekammer schließlich als verbotene -weil marktschreierische- Werbung an.

Der OGH führte dazu aus:Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt ermöglicht hat. "Gehilfe" im Sinne dieser Rechtsprechung ist derjenige, der den Täter bewusst fördert. Er muss - wie es § 12 StGB und § 7 VStG formulieren - zur Ausführung der Tat beitragen oder diese erleichtern.Wollte man jeden, der die Verletzungshandlung (oder einen Schaden) in irgendeiner Weise adäquat verursacht hat, als Täter ansehen, dann wären die Begriffe des Gehilfen oder Anstifters überflüssig; diese Personen müssten vielmehr - unabhängig von einem etwaigen Vorsatz - immer als Täter haften. Das widerspräche aber dem in der österreichischen Rechtsprechung und Lehre entwickelten Begriff des Täters (Störers) als desjenigen, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichem Willen sie beruht. Die bloße adäquate Verursachung reicht für die Haftung noch nicht hin. Das für die Gehilfenschaft erforderliche Bewusstsein der Förderung des unmittelbaren Täters liegt nicht schon darin, dass etwa der Vertrieb einer Zeitschrift bewusst vorgenommen wird; der Gehilfe muss vielmehr auch das Bewusstsein haben, dass die Zeitschrift Wettbewerbsverstöße enthielt. Dieses Bewusstsein fehlt, wenn jemand die Werbemaßnahme, deren Förderung ihm vorgeworfen wird, nicht einmal in tatsächlicher Hinsicht gekannt hat; fehlt diese Kenntnis, dann kommt das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der (objektiv unterstützten) Handlung von vornherein nicht in Betracht.Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen als bescheinigt angenommen, dass der Beklagte und das von ihm betriebene Unternehmen über keinen eigenen Internetauftritt verfügen und mit der Gestaltung jenes Internetauftritts, welcher die beanstandeten Werbemaßnahmen enthält, nicht befasst sind und auf deren Inhalt keinen Einfluss genommen haben. Vom Inhalt der Werbemaßnahme Postwurfsendung hat der Beklagte erst dadurch Kenntnis erlangt, dass auch er eine derartige Postkarte zugeschickt erhielt. Mag auch das Anbringen der Internetadresse "www.zahntaxi.at" auf seinem Fahrzeug sowie die Zurverfügungstellung von Fotos dieses Fahrzeugs adäquat kausal für den behaupteten Wettbewerbsverstoß Dritter gewesen sein, so fehlt es doch an dem von der oben dargestellten Rechtsprechung stets verlangten Bewusstsein der Rechtswidrigkeit jener Werbemaßnahmen, deren Förderung ihm vorgeworfen wird.Die Klägerin gesteht selbst zu, dass die Rechtsprechung zur Haftung jener Personen, die auf ihrer Website einen Link zu einer anderen Website setzen, auf der sich wettbewerbswidrige Inhalte befinden, was aufgrund der räumlichen und sachlichen Eingliederung des wettbewerbswidrigen Inhalts in die eigene Website als haftungsbegründend anzusehen ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, weil der Beklagte bescheinigtermaßen keinen eigenen Internetauftritt betreibt. Die bloße Bekanntmachung des Internetauftritts eines Dritten (Anbringung der Domain auf dem eigenen Fahrzeug in gut sichtbarer Form) kann dem mangels unmittelbarer Eingliederung in die eigene Werbung nicht gleichgehalten werden.Dass die wettbewerbsrechtliche Haftung des Beklagten (auch) darauf gestützt werde, dass dieser nach Kenntnis der beanstandeten Werbemaßnahmen nichts unternommen habe, um die beanstandete Werbung abzustellen, bzw dass dies dem Beklagten überhaupt möglich gewesen wäre, hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren (ihrem Sicherungsantrag) nicht vorgebracht.Darüberhinaus hat der OGH in Fortsetzung der zu den Pflichten der Domainnamensverwalterin ergangenen Entscheidungen bereits zu 4 Ob 66/04s festgehalten, dass derjenige, der - ohne selbst auf die Gestaltung des Internetauftritts eines Dritten Einfluß zu nehmen - diesen technisch ermöglicht (Diensteanbieter) bei einem Hinweis auf Wettbewerbswidrigkeiten nur dann zur Beendigung seiner Dienstleistung verpflichtet ist und somit auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die behauptete Rechtsverletzung für den Anbieter als juristischen Laien wie für jedermann leicht erkennbar ist. Dass dies bei der Bestimmung der Grenzen zulässiger Werbung für ärztliche Leistungen oder der Gestaltung von personalisierten Postwurfsendungen ebensowenig der Fall ist wie bei Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Haftungsfreizeichnungen oder der Täuschungseignung bestimmter Behauptungen, bedarf keiner weiteren Erörterung.Die Klägerin vermag somit keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen ist.