15.01.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Übernahme eines fremden Werbemittels ist eine sittenwidrige "schmarotzerische Ausbeutung" einer fremden Leistung, wenn das Arbeitsergebnis eines anderen ohne jede ins Gewicht fallende eigene Leistung ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernommen wird und der Übernehmer das damit beworbene Produkt im Hinblick auf seine Kostenersparnis preisgünstiger anbieten kann, sodass er letztlich dem Mitbewerber mit dessen eigener Leistung Konkurrenz macht


Mit Beschluss vom 9.11.2004 (GZ 4 Ob 185/04s) hat sich der Senat mit Fragen zu § 1 UWG beschäftigt:

Die Klägerin bietet die Betreuung und Pflege von Haustieren an und wirbt für ihre Dienstleistungen im Internet unter der Domain www.dogwalking.at. Auf dieser Site findet sich ua folgender Text: "Sie wollen für uns arbeiten? Wenn Sie sich für einen Job bei Dogwalking & Sitting interessieren, sollten Sie wissen, was unsere Kunden am meisten an uns schätzen: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Sympathie, Kompetenz, Seriosität, bester Leumund (polizeiliches Führungszeugnis) und dass wir den Kunden kurzfristig aus der Klemme helfen, sprich, auch spontan verfügbar sind...". Die Beklagte, die ebenfalls derartige Dienstleistungen anbietet, ist unter der Domain www.dogwalker.at erreichbar. Auf der Seite war folgender Text zu lesen: "Nebenjob gesucht? Wenn Sie sich für einen Job bei unserem 'Dogwalker & Catsitter-Service' interessieren, sollten Sie wissen, was unsere Kunden am meisten an uns schätzen: Zuverlässigkeit, Kompetenz, Sympathie, Pünktlichkeit und Seriosität, bester Leumund und dass wir eventuell dem Kunden auch kurzfristig verfügbar sind...". Zusätzlich findet sich noch folgender Text: "Als erfahrene berufstätige Tierbesitzerin kenne ich die Probleme mit der Betreuung der Vierbeiner vor und nach dem Job. Deshalb habe ich dieses neue und einzigartige Dienstleistungs-Service für verhinderte Hundebesitzer und Katzenfreunde ins Leben gerufen."

Die Klägerin beantragte der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs - die Tätigkeit der Betreuung und Pflege von Haustieren als Gewerbe iSd § 1 GewO auszuüben und dafür zu werben, wenn ihr die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung fehlt;- Sprachwerke von der Website der Klägerin auf ihrer eigenen Website in sittenwidriger Weise zu Wettbewerbszwecken zu übernehmen und diese dabei zu vervielfältigen, zu bearbeiten und öffentlich zur Verfügung zu stellen; - das eigene Angebot in unrichtiger und irreführender Weise als einzigartig zu bezeichnen und bei Kunden so den Eindruck zu erwecken, dass sie die einzige Anbieterin von Haustierbetreuungsdienstleistungen sei, obwohl dies nicht zutrifft.

Dazu der OGH:- Der erkennende Senat hat schon mehrfach ausgesprochen, dass dann, wenn ein Unternehmer, der durch Unterlassung der Gewerbeanmeldung gegen § 1 UWG verstoßen hat, noch vor der Entscheidung des Erstgerichts das Gewerbe anmeldet, ein Sachverhalt eintritt, der eine Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes so gut wie unmöglich macht. Dies ist auch hier der Fall, sodass in concreto keine Wiederholungsgefahr gegeben ist.

- Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, die in Rede stehenden Werbetexte seien nicht schutzfähig, insb seien sie keine urheberrechtlich geschützten Werke. Dem ist zuzustimmen.Nach der Rechtsprechung liegt ein Sprachwerk iSd § 2 Z 1 UrhG nur dann vor, wenn es auf einer eigentümlichen, das heißt individuell eigenartigen geistigen Leistung des Schöpfers beruht, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt; beim Werkschaffenden müssen persönliche Züge zur Geltung kommen. Die von der Beklagten übernommenen Texte der Klägerin lassen jedoch keine individuelle Eigenart im aufgezeigten Sinn erkennen; es handelt sich um Texte, die sich nach Form und Inhalt nicht von vergleichbaren Texten deutlich abheben und keinen Stempel der persönlichen Eigenart ihres Verfassers tragen. Damit kommen urheberrechtliche Ansprüche nicht in Betracht. Im Ergebnis ist für die Beklagte damit jedoch noch nichts gewonnen, sind doch die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche schon nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen zum größten Teil berechtigt:Der OGH beurteilt in stRsp die (unmittelbare) Übernahme eines fremden Werbemittels dann als sittenwidrige "schmarotzerische Ausbeutung" einer fremden Leistung, wenn das Arbeitsergebnis eines anderen ohne jede ins Gewicht fallende eigene Leistung ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernommen wird und der Übernehmer das damit beworbene Produkt im Hinblick auf seine Kostenersparnis preisgünstiger anbieten kann, sodass er letztlich dem Mitbewerber mit dessen eigener Leistung Konkurrenz macht. Glatt übernommen wird ein Arbeitsergebnis, wenn Vervielfältigungsmethoden eingesetzt werden oder wenn die Leistung des Geschädigten - zB mit Mühe und Kosten entwickelte AGB´s - einfach durch Abschreiben übernommen wird. Entscheidend ist nicht, welches Mittel zur Vervielfältigung angewendet wird, sondern ob die Anwendung dieses Mittels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewirkt, dass der Schöpfer des Originaldrucks in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird.Die Beklagte hat die Werbetexte der Klägerin in weiten Passagen wörtlich (sogar inkl Rechtschreibfehlern) abgeschrieben und für ihren eigenen Internet-Auftritt übernommen. Sie hat damit das Arbeitsergebnis einer Mitbewerberin glatt übernommen und macht ihr damit mit ihrer eigenen Leistung Konkurrenz. Ein solches Verhalten verstößt gegen § 1 UWG.

- Die Ankündigung "Deshalb habe ich dieses neue und einzigartige Dienstleistungs-Service (...) ins Leben gerufen" ist insoweit mehrdeutig, als mit "einzigartig" entweder eine statistische Einmaligkeit oder ein Werturteil über die Qualität gemeint sein kann. Bei einer mehrdeutigen Angabe muss der Werbende die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen, sodass der Sicherungsantrag in diesem Punkt berechtigt ist, weil die Beklagte zumindest die Klägerin als Mitbewerberin hat.