05.02.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Behauptungen müssen keineswegs ehrenrührig sein um den Tatbestand des § 7 UWG zu erfüllen; vielmehr genügt eine abstrakte Betriebs- und Kreditgefährdung


Mit Beschluss vom 9.11.2004 (GZ 4 Ob 227/04t) hat sich der OGH mit Fragen zum § 7 UWG befasst:

Die Klägerin betreibt Lebensmittel- und Verbrauchermärkte in einem Bundesland, die Beklagte ist österreichweit -ua- im Lebensmitteleinzelhandel tätig. Die Parteien stehen in einem Bundesland in einer heftig geführten wettbewerblichen Auseinandersetzung, wobei beide Seiten mit ihrer Nahebeziehung zu Österreich, dem konkreten Bundesland, dort tätigen Lieferanten und dort zu sichernden Arbeitsplätzen sowie der Herkunft der von ihnen angebotenen Produkte aus Österreich bzw dem konkreten Bundesland werben.In einem Interview mit einer Zeitungsredakteurin äußerte sich der Vorstandsvorsitzende der Beklagten ua, dass das Unternehmen der Klägerin zu 24,9% nach Deutschland verkauft worden sei. Die Prozentangabe wurde bei der redaktionellen Bearbeitung des Interviews weggelassen, sodass der Vorstandsvorsitzende damit zitiert wurde, dass die Klägerin "nach Deutschland verkauft" worden sei. Tatsächlich erwarb eine 100 %ige Tochtergesellschaft einer in Österreich eingetragenen und geführten AG, deren Aktien vom zweitgrößten deutschen Handelskonzern, dessen Zentrale sich in Köln befindet, gehalten werden, 24,9 % der Geschäftsanteile der Klägerin. Diese dem deutschen Handelskonzern gehörende AG beliefert die Klägerin mit Waren.

Die Vorinstanzen haben der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung verboten, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs zu behaupten, die Klägerin sei nach Deutschland verkauft worden, oder inhaltsgleiche Behauptungen aufzustellen.

Dazu der OGH:Wird der Betrieb des Konkurrenzunternehmens in irgendeiner Weise erschwert oder dem Publikum sonst eine nachteilige Meinung von ihm vermittelt, dann ist der Tatbestand des § 7 UWG bereits erfüllt. Die Behauptungen müssen dabei keineswegs ehrenrührig sein; vielmehr genügt eine abstrakte Betriebs- und Kreditgefährdung. Da nach der Lebenserfahrung nicht unwesentliche Teile des Käuferpublikums Wert auf die Herkunft von Produkten des täglichen Bedarfs aus bestimmten Ländern oder Regionen haben und darüber hinaus für nicht zu vernachlässigende Teile des Käuferpublikums auch von Interesse ist, ob es sich beim werbenden Vertragspartner um einen "Inländer" handelt oder nicht - mag dies auch rational/ökonomisch nicht nachvollziehbar sein und bei anderen Kunden das Interesse an einem wirtschaftlich starken Händler überwiegen - so vermag der beanstandeten Äußerung, die Klägerin sei nach Deutschland verkauft worden, zumindest die abstrakte Eignung zur Betriebs- oder Kreditgefährdung nicht abgesprochen werden.Zur Verantwortung (der Beklagten) betr der beanstandeten Äußerung in der Fassung des Zeitungsartikels: Nach der Rsp des OGH werden "im Betrieb (s)eines Unternehmens" im Sinn des § 18 UWG auch Personen tätig, die zwar nicht Arbeitnehmer oder Beauftragte des Unternehmens sind, dennoch aber, wenngleich in lockerer Form, in den Betrieb eingegliedert und, in welcher Form auch immer, dauernd oder vorübergehend für diesen tätig sind. Der Inhaber des Unternehmens haftet damit auch für Personen, die in seinem Auftrag aufgrund eines Werkvertrags, eines Bevollmächtigungsvertrags, eines freien Arbeitsvertrags udgl bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten. Selbst für Handlungen sonstiger "Geschäftspartner" muss der Unternehmer einstehen, vorausgesetzt, dass er aufgrund seiner vertraglichen Beziehung zu diesem Dritten in der Lage gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Die dafür notwendige rechtliche Möglichkeit, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen, muss sich aus dem Wesen des Rechtsverhältnisses zum Dritten ergeben. Dabei ist maßgebend, ob die "andere Person" dem Willen des Unternehmers unterliegt.Das im vorliegenden Fall vom Vorstandsvorsitzenden unzweifelhaft im Betrieb der Beklagten gegebene und zumindest auch Wettbewerbszwecken dienende Interview gab dem Vorstandsvorsitzenden ebenso wie der Beklagten, als deren Organ der Vorstandsvorsitzender handelte, - und zwar ohne dass es spezieller diesbezüglicher Vertragsgestaltung bedurft hätte - die rechtliche Möglichkeit, den Interviewtext auf seine Übereinstimmung mit dem tatsächlich gegebenen Interview zu überprüfen und gegebenenfalls eine abweichende Wiedergabe zu untersagen. In Rsp und Lehre ist allg anerkannt, dass aus dem in § 16 ABGB normierten allg Persönlichkeitsrecht auch ein "Recht am gesprochenen Wort" abzuleiten ist. Dieses umfasst -ua- das Recht, ein unzutreffendes, verkürztes oder manipuliertes Zitat zu verhindern, weil dadurch die zitierte Person in ihrem "sozialen Geltungsbereich" verletzt werden kann.