08.04.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Der Kennzeichenschutz online u offline ist nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen; auch bei einer Kollision zwischen Domain u der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens gilt der allg Grundsatz des Zeitvorrangs


In seinem Erkenntnis vom 8.2.2005 zur GZ 4 Ob 226/04w hat sich der OGH mit dem Mißbrauch von Unternehmenskennzeichen befasst:

Die Klägerin (im Firmenbuch eingetragen seit 1992) handelt mit Computern, Computerbestandteilen u -Zubehör u hat ihren Sitz in Wien. Bereits vor dem 30. 4. 1997 hat sie die Domain "omega.co.at" für sich registrieren lassen.Unternehmensgegenstand der eingetragenen Beklagten (im Firmenbuch seit 1998) ist Personalverrechnung, Personalmanagement u -entwicklung sowie Vertrieb von Software für die Textilindustrie. Sie hat ihren Sitz in Gleisdorf. 1997 erfolgte (durch eine 1998 in die Beklagte eingebrachte KEG) die Registrierung der Domain www.omega.at.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzutragen, es zu unterlassen, den Domain-Namen "www.omega.at" im Internet zu belegen und/oder zu benutzen und/oder benutzen zu lassen; hilfsweise, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, den Namen bzw das Kennzeichen "Omega" zur Kennzeichnung einer Internet-Website zu verwenden, insbesondere durch die Verwendung der Domain "www.omega.at";

Omega sei der charakteristische Teil der Firma der Klägerin, besitze Unterscheidungskraft und falle als Name unter den Schutz des § 43 ABGB und des § 9 Abs 1 UWG. Mit der Verwendung dieses Zeichens verletzte die Beklagte schutzwürdige Interessen der Klägerin; auch bestehe Verwechslungsgefahr, weil die Streitteile im EDV-Bereich tätig seien.

Dazu der OGH:

Die Revision der Beklagten ist zur Fortentwicklung der Rechtsprechung in Kennzeichenstreitigkeiten zulässig; das Rechtsmittel ist berechtigt.

Der Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die im allg Kennzeichenrecht entwickelten Grundsätze bei der Beurteilung von Kollisionstatbeständen auch dann heranzuziehen sind, wenn daran eine Domain beteiligt oder eine Kollision zwischen Domains vorliegt. Der Kennzeichenschutz online u offline ist nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen. Kollidiert die Benutzung eines Zeichens als Domain im Internet mit Kennzeichenrechten, die einem anderen Rechtsinhaber als dem Inhaber der Domain zustehen, u besitzt der Inhaber der Domain an diesem Zeichen ein eigenes Kennzeichenrecht unabhängig von der Benutzung der Domain, handelt es sich um eine allg Fallkonstellation einer Kennzeichenkollision, für die ohne weiteres die allg Grundsätze des Kennzeichenkollisionsrechts gelten. Im vorliegenden Fall leiten sowohl Klägerin als auch Beklagte ihr Recht an der strittigen Domain von ihrem gleichlautenden Firmenschlagwort her. Da die Benutzung der Domain nur eine Art der Kennzeichenbenutzung ist, liegt ein Kennzeichenkollissionsstreit vor.§ 9 Abs 1 UWG schützt auch die besondere Bezeichnung eines Unternehmens unter der Voraussetzung, dass sie Unterscheidungs-(Kennzeichnungs-)kraft besitzt, also etwas Besonderes, Individuelles an sich hat, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen zu unterscheiden. Andernfalls kann eine Verwechslungsgefahr nicht entstehen. Als Firmenbestandteil von Unternehmen, die im Bereich der EDV-Branche tätig sind, kann dem Zeichen "omega" nicht von vornherein Kennzeichnungskraft abgesprochen werden, kann doch nicht gesagt werden, dass es im hier verwendeten Zusammenhang eine Gattungsbezeichnung oder glatt beschreibend wäre, also vom Publikum als Hinweis auf die Art der Tätigkeit der betreffenden Unternehmen verstanden würde. Das Zeichen ist daher auch ohne Verkehrsgeltung unterscheidungskräftig. Beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte entscheidet die Priorität. Auch bei einer Kollision zwischen Domain u der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens gilt der allg Grundsatz des Zeitvorrangs. Demnach hat das ältere Firmenschlagwort der Klägerin Priorität gegenüber des jüngeren Domain-Namens der Beklagten.Die nach § 9 Abs 1 UWG geforderte Verwechslungsgefahr ist danach zu beurteilen, ob durch den Inhalt der Website eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst werden kann. Eine solche ist im Anlassfall schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil die Streitteile in derselben Branche (EDV im weiteren Sinne) tätig sind.