29.04.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Unlauter iSd § 10 Abs 3 Z 2 MSchG kann va eine über die Wiedergabe der beschreibenden Angabe hinausgehende zusätzliche Annäherung durch Übernahme besonderer Gestaltungselemente aus Bildmarken, Logos, typischen Schriftzügen oder der farblichen oder figürlichen Ausgestaltung sein; die blickfangmäßige Ausgestaltung als solche ist noch nicht unlauter, weil sie vielfach auch bei beschreibenden Angaben den lauteren Gepflogenheiten entspricht


Schlagworte: Markenrecht, Domainrecht, Priorität, anständige Gepflogenheiten, unlauter, Wiener Werkstätte, Unterscheidungskraft, beschreibend
Gesetze:

§ 10 Abs 3 Z 2 MSchG

In seinem Erkenntnis vom 08.02.2005 zur GZ 4 Ob 243/04w hatte sich der OGH mit dem Marken- und Domain- Recht auseinanderzusetzen:

Die Klägerin ist seit 1998 im (deutschen) Handelsregister registriert. Als Unternehmensgegenstand ist der Groß- und Einzelhandel mit Möbeln, insb mit Fabrikaten der "Wiener Werkstätten" Kollektion eingetragen. In Österreich ist das als Marke registrierte Zeichen "Wiener Werkstätten" seit 1995 registriert. Weiters verwendet sie die Domains www.wiener-werkstaetten.at und www.wiener-werkstaetten.co.at. (Rechtsvorgänger seit 2000 Inhaberin der Domain).

Der Beklagte vertreibt ua Originalmöbel und andere Antiquitäten aus der Wiener Werkstätte (1903 - 1932). Er betreibt die Site www.wiener-werkstaette.at.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Verwendung der Domain www.wiener-werkstaette.at zu unterlassen. Der Beklagte sei erst seit einem späteren Zeitpunkt Inhaber der Domain wiener-werkstaette.at. Diese sei der Marke der Klägerin und ihrer Domain verwechselbar ähnlich. Da die Klägerin (bzw Rechtsvorgängerin) das Kennzeichen "Wiener Werkstätten"/"Wiener Werkstaetten.at" zuerst gebraucht habe, besitze sie das bessere Recht.

Dazu der OGH:Die Klägerin stützt ihre Unterlassungs- und Löschungsansprüche betr die Verwendung der Bezeichnung "Wiener Werkstätte" einerseits auf prioritätsältere Marken- und Kennzeichenrechte, andererseits auf ihr Namensrecht, weil "Wiener Werkstätten" Bestandteil ihrer Firma sei.Nach § 10 Abs 3 Z 2 MSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware oder über andere Merkmale der Ware im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern dies den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht.Der Beklagte verwendet die Site www.wiener-werkstaette.at, um darauf hinzuweisen, dass er Erzeugnisse der (historischen) Wiener Werkstätte führt. Er benützt also das Zeichen "Wiener Werkstätte", um Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die geografische Herkunft und die Zeit der Herstellung der von ihm vertriebenen Ware zu machen.

Zu prüfen bleibt, ob die Angabe den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Als Unlauterkeitskriterien kommen va Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung in Betracht. Unlauter kann vor allem eine über die Wiedergabe der beschreibenden Angabe hinausgehende zusätzliche Annäherung durch Übernahme besonderer Gestaltungselemente aus Bildmarken, Logos, typischen Schriftzügen oder der farblichen oder figürlichen Ausgestaltung sein. Die blickfangmäßige Ausgestaltung als solche ist noch nicht unlauter, weil sie vielfach auch bei beschreibenden Angaben den lauteren Gepflogenheiten entspricht. Im Hinblick auf die festgestellte Tätigkeit des Beklagten kann aber von einem unlauteren Handeln (etwa dass er den Ruf der Klägerin und der mit ihr verbundenen Unternehmen ausnützte) keine Rede sein.

Ein Unterlassungsanspruch betr die Domains und den Firmenbestandteil "Wiener Werkstätten" setzt Unterscheidungskraft der Zeichen voraus, weil die Klägerin nur dann durch die Verwendung der Domains und des Firmenbestandteils Namens-(Firmen-)Schutz erreichen könnte. Die Unterscheidungskraft im Sinn der Eignung, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen, ist aber zu verneinen. "Wiener Werkstätten" wird als Hinweis auf die (historische) "Wiener Werkstätte" verstanden. Das Zeichen ist daher beschreibend, sodass sein selbständiger Schutz Verkehrsgeltung voraussetzte, was die Klägerin aber gar nicht behauptet hat. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche lassen sich somit auch nicht aus ihrem behaupteten Namens-(Firmen-)Recht ableiten.