06.05.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Für die Anwendung des § 37 HGB ist kein Raum, wenn der Firmengebrauch gegen andere als firmenrechtliche Vorschriften (zB Vorschriften des bürgerlichen [Namens-]Rechts, des Wettbewerbsrechts oder des Markenrechts) verstößt und aus diesem Grund unzulässig ist


Schlagworte: Kennzeichen, Unternehmensbezeichnung, Unterlassung, unbefugter Firmengebrauch, Firmenabkürzung, Firmenschlagwort, Gebot der Firmeneinheit, Marke, Priorität
Gesetze:

§ 37 HGB, §§ 17 ff HGB, § 10 Z 2 MSchG

In seiner Entscheidung vom 08.02.2005 zur GZ 4 Ob 235/04v hatte sich der OGH mit einem Kennzeichenstreit auseinander zusetzen:

Die Klägerin (seit 31.12.2003 im Firmenbuch eingetragen) führt das strittige Zeichen unter Beifügung des Rechtsformzusatzes "GmbH" als Firma. Die Beklagte verwendet das Zeichen als Bestandteil ihrer darüber hinaus aus zwei durch das Zeichen "&" verbundene Eigennamen und dem Rechtsformzusatz "GmbH" bestehenden Unternehmensbezeichnung seit einem Zeitpunkt noch vor Eintragung der Klägerin und hat mit Priorität 05.05.1992 Markenrechte am Zeichenbestandteil "F*****" registriert. Klägerin und Beklagte erzeugen und vertreiben Geräte für die Plastikindustrie; beide haben ihren Unternehmenssitz im Inland. Die Beklagte tritt - ua im Zusammenhang mit ihrer Firmenadresse - unter der Bezeichnung "F***** GmbH (ohne Hinweis auf Firmenbuchnummer) auf. Durch die gleichlautende Bezeichnung kommt es beim Publikum zu Verwechslungen zwischen der Klägerin und der Beklagten; insbesondere wird Post an den jeweils falschen Empfänger gesandt.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Wortfolge "F***** GmbH" als Name bzw Firma zu führen oder sonst wie zu verwenden.

Dazu der OGH: Wer in seinen Rechten dadurch verletzt wird, dass ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, kann gem § 37 HGB von diesem die Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Zulässig ist ein Firmengebrauch dann, wenn die Firma von einem firmenfähigen Kaufmann oder einer Handelsgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze des Firmenrechts geführt wird. Es kommt allein darauf an, ob die Firma unter Außerachtlassung der firmenrechtlichen Vorschriften der §§ 17 ff HGB oder firmenrechtlicher Vorschriften außerhalb des HGB gebildet worden ist oder fortgeführt wird. Für die Anwendung des § 37 HGB ist kein Raum, wenn der Firmengebrauch gegen andere als firmenrechtliche Vorschriften (zB Vorschriften des bürgerlichen [Namens-]Rechts, des Wettbewerbsrechts oder des Markenrechts) verstößt und aus diesem Grund unzulässig ist; diese Bestimmung gewährleistet nämlich keinen umfassenden Firmenschutz.Die Beklagte hat sich darauf berufen, die Bezeichnung "F***** GmbH" als zulässige schlagwortartige Abkürzung ihrer im Firmenbuch eingetragenen Firma zu verwenden. Sie verkennt dabei, dass Firmenabkürzungen und Firmenschlagworte im Geschäftsverkehr nur verwendet werden dürfen, wenn die Abkürzung als solche erkennbar ist. Entsteht der Eindruck einer anderen (zweiten) Firma, so ist das Gebot der Firmeneinheit verletzt. Die Beklagte fügt ihrem Firmenbestandteil "F*****" den Rechtsformzusatz "GmbH" hinzu und verwendet damit eine Bezeichnung, die den Eindruck einer (vollständigen) Firma und nicht einer Firmenabkürzung oder eines Firmenschlagworts erweckt. Die Beklagte verstößt damit gegen firmenrechtliche Vorschriften (§§ 17 ff HGB) und handelt unbefugt iSd § 37 HGB. Ein unzulässiger Firmengebrauch verletzt das Firmenrecht des Klägers, wenn die Firmen im Wesentlichen gleich lauten und die Firma des Klägers die ältere ist.

Im vorliegenden Fall lauten die unbefugt verwendete Firma der Beklagten und die Firma der Klägerin gleich. Dass die Beklagte "F***** GmbH" als Unternehmensbezeichnung schon vor Eintragung der Klägerin verwendet hat, bewirkt für sie keinen Zeitvorrang, weil durch die Benützung einer unzulässigen Firma keine Rechte begründet werden. Die Klägerin könnte aber dann keine Verletzung aus Rechten an ihrer eigenen Firma geltend machen, wenn diese - wie im Verfahren eingewendet - das ältere Markenrecht der Beklagten verletzt und diese daher berechtigt wäre, ihr den Gebrauch der Firma zu untersagen. Die Firma der Klägerin weicht von dieser Marke allein durch die Großschreibung und den Rechtsformzusatz ab. Die Verwendung von Großbuchstaben und das Hinzufügen eines Rechtsformzusatzes prägen nun den Gesamteindruck der Firma der Klägerin nicht derart, dass für diesen die darin enthaltene Marke der Beklagten völlig bedeutungslos wäre. Die Firma der Klägerin greift daher - bei der gegebenen Branchenidentität - in ältere Markenrechte der Beklagten ein (§ 10 Z 2 MSchG).