13.05.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Für den Gerichtsstand des § 83c JN ist kein besonderer sachlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen der beanstandeten Handlung und der jeweiligen Zweigniederlassung zu verlangen; es genügt, dass sich die beanstandete Handlung auch auf die jeweilige Zweigniederlassung bezieht


Schlagworte: Gerichtsstand, Zuständigkeit, (Zweig-) Niederlassung, Sprengel, Wettbewerbsrecht, Wahlrecht
Gesetze:

§ 83c Abs 1 JN, § 23 Abs 1 UWG, § 87 JN

In seinem Beschluss vom 14.03.2005 zur GZ 4 Ob 4/05z hatte sich der OGH mit der örtlichen Zuständigkeit iSd § 83c Abs 1 JN auseinander zusetzen:

Die Beklagte, die ihren Sitz in Wels hat, betreibt mehrere Baumärkte in Form selbständiger Niederlassungen in ganz Österreich, eine davon im Sprengel des Erstgerichts. Zur Unterstützung des Betriebs setzt sie intensiv Werbung ein, insbesondere durch Auflage und Verteilung mehrseitiger färbiger Werbefolder und -prospekte in ihren Baumärkten, sowie durch österreichweite Verteilung dieser Werbefolder und -prospekte an Haushalte.

Die Klägerin begehrt, der Beklagten bestimmte Werbeaussagen zu untersagen, die Beseitigung oder Unkenntlichmachung der betreffenden Werbeprospekte und Werbefolder der Beklagten und die Veröffentlichung des Urteils in zwei Tageszeitungen wegen Verstoßes gegen § 2 UWG. Zur örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts berief sich die Klägerin auf § 83c Abs 1 JN; die Wettbewerbsverstöße bezögen sich jedenfalls auch auf die im Sprengel des Erstgerichts gelegene Niederlassung der Beklagten.

Dazu der OGH: § 83c Abs 1 JN schafft (unter anderem) für Streitigkeiten wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht bei Vorhandensein mehrerer Niederlassungen des Beklagten eine Wahlmöglichkeit für den Kläger zwischen dem Gericht der Hauptniederlassung und dem Gericht, in dessen Sprengel sich diejenige Niederlassung befindet, auf die sich die (beanstandete) Handlung bezieht. Die Revisionswerberin verweist zutreffend auf die Rechtsprechung des OGH zur Vorgängerbestimmung des § 83c Abs 1 JN (§ 23 Abs 1 UWG), wonach es sich bei einer wettbewerbswidrigen Handlung, die sich auf eine Zweigniederlassung "bezieht", nicht immer um eine wettbewerbswidrige Handlung im Betrieb der Niederlassung handeln muss (4 Ob 331/67). Zwar sprechen sowohl der Wortlaut der Zuständigkeitsnorm als auch der vom Rekursgericht angesprochene Zweck, das Gericht zur Entscheidung zu berufen, dass eine größere räumliche Nähe zur Streitigkeit aufweist, weil etwa in seinem Sprengel (in der in seinem Sprengel befindlichen Niederlassung der Beklagten) die beanstandete Handlung begangen wurde, dafür, für die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, in dessen Sprengel die Zweigniederlassung der Beklagten liegt, eine sachliche oder rechtliche Nahebeziehung zu verlangen. Durch die Neufassung des Gerichtsstands für Wettbewerbsstreitigkeiten (§ 83c JN) sollten aber Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden. Dieses Ziel wird nicht erreicht, wenn - wie vom Rekursgericht - eine Prüfung aufgetragen wird, ob eine Handlung vorliegt, die sich "speziell" auf diese Niederlassung bezieht.

Voraussetzung zur Ausübung des Wahlrechts zwischen dem Gericht der Hauptniederlassung und dem der Zweigniederlassung iSd § 87 JN ist, dass sich die Streitigkeit auf "diese Niederlassung" bezieht. Eine besondere Intensität der Beziehung und insbesondere die Ausschließlichkeit einer solchen Beziehung verlangt das Gesetz nicht. Der Anspruch muss aus einem Ereignis herrühren, das in einem ursächlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Niederlassung steht; der Klageanspruch muss Folge dieses Betriebs sein. Es ist nicht erforderlich, dass die Zweigniederlassung das streitgegenständliche Geschäft geschlossen hat.Der erkennende Senat kommt daher zum Ergebnis, dass für den Gerichtsstand des § 83c JN kein besonderer sachlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen der beanstandeten Handlung und der jeweiligen Zweigniederlassung zu verlangen ist, sondern es genügt, dass sich die beanstandete Handlung auch auf die jeweilige Zweigniederlassung bezieht.