10.09.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Der Wegfall der Wiederholungsgefahr durch einen Vergleich im Falle eines Unterlassungsbegehren hindert nicht die gerichtliche Durchsetzung sonstiger Ansprüche nach § 1330 ABGB


Schlagworte: Wiederholungsgefahr, Vergleich, Tatsachenbehauptungen, journalistische Sorgfalt
Gesetze:

§ 1330 ABGB, § 25 UWG, § 33 ASVG, § 13 MedienG, § 6 Abs 2 Z 2 lit b und Abs 4 MedienG

In seinem Erkenntnis vom 14.07.2005 zur GZ 6 Ob 295/03f hatte sich der OGH mit dem Entfall der für ein Unterlassungsbegehren erforderlichen Wiederholungsgefahr bei Anbot auf Abschluss eines vollstreckbaren Vergleichs auseinanderzusetzen:

Die Klägerin übernahm als Gebäudereinigungsunternehmen die Reinigung der Militärakademie in Wiener Neustadt und meldete die dabei eingesetzten Reinigungskräfte um einen Tag verspätet bei der Gebietskrankenkasse an. In der Zwischenzeit hatten die Dienstnehmerinnen jedoch bereits beim ÖGB und bei der Gebietskrankenkasse entsprechende Erkundigungen eingeholt und die Auskunft erhalten, dass noch keine Anmeldung vorliege. Die Beklagte veröffentlichte als Medieninhaberin nach einem Interview des zuständigen ÖGB-Bezirkssekretär einen Artikel über den Vorfall, woraufhin die Klägerin die Unterlassung der unwahren Behauptungen, Widerruf und Veröffentlichung sowie die Feststellung der Haftung für sämtliche Schäden im Zusammenhang mit der Veröffentlichung begehrte.

Der OGH führte dazu aus: Bietet der Beklagte einen Vergleich hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens an, führt dies zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dies hindert jedoch eine gerichtliche Entscheidung über sonstige gemäß § 1330 ABGB geltend gemachte Ansprüche nicht, weil diese selbständige Ansprüche bilden. Die Judikatur zu § 25 UWG kann auf die Ansprüche nach § 1330 ABGB nicht übertragen werden, weil in diesem Fall der angebotene Vergleich nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führt, wenn auch eine Urteilsveröffentlichung nach § 25 UWG begehrt wird, weil eine solche nach einem Vergleich nicht mehr gerichtlich durchsetzbar wäre. Unwahre und kreditschädigende Tatsachenbehauptungen können auch in Form von Fragen aufgestellt und verbreitet werden. Die Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung kann auch darin begründet sein, dass der bekannte Sachverhalt unvollständig ist und sich bei Kenntnis aller wesentlichen Tatsachen ein völlig anderes Bild ergibt. Werden bei vollständiger Kenntnis der Sachlage die Tatsachen derart entstellt und verzerrt, dass dadurch ein völlig falscher Eindruck entsteht und verbreitet wird, dann liegt ein Verstoß gegen das Gebot journalistischer Sorgfalt vor und damit scheiden die Haftungsausschließungsgründe des § 6 Abs 2 Z 2 lit b und Abs 4 MedienG aus.