10.09.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Ein nicht genehmigungsfähiges aliud liegt vor, wenn ein vernünftiger Kaufmann solche Waren nicht zur Vertragserfüllung heranziehen und auch keine Annahme durch den Käufer erwarten würde


Schlagworte: Rügeobliegenheit, Handelsgeschäft, Werklieferungsvertrag, Kaufmann, Zession, Eventualbegehren, Aktivlegitimation, Herausgabeanspruch
Gesetze:

§§ 377, 378 HGB

In seinem Erkenntnis vom 11.07.2005 zur GZ 7 Ob 295/04i hatte sich der OGH mit den Bestimmungen der §§ 377, 378 HGB auseinanderzusetzen:

Gegenstand dieses Verfahrens war ein Vertrag über die Fertigung und Lieferung von Edelstahl-Uhrendisplays, die der Präsentation dienen sollten und entsprechend einem Muster lasergeschnittene Bohrlöcher sowie durch CNC speziell angefertigte Abkantungen aufweisen sollten. Bereits bei der ersten Teillieferung erfolgte eine Mängelrüge durch die beklagte Partei, weil die Ware händisch gebohrte Löcher aufwies und mit einer Schlagschere geschnitten und händisch gebogen wurden. Die Klägerin, welcher die Kaufpreisforderung von der insolventen Herstellerin zediert worden war, begehrte die Zahlung des Kaufpreises, in eventu die Herausgabe der Ware, weil die Mangelfreiheit der ersten Teillieferung auf einem Gegenschein bestätigt worden sei und bezüglich der zweiten Teillieferung keine Rüge erfolgt sei.

Der OGH führte dazu aus: Nachdem beide Parteien Handelsgesellschaften sind und ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt, sind die Bestimmungen der §§ 373 ff HGB anzuwenden, die auch den Werklieferungsvertrag erfassen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass eine Ware, die derart offensichtlich von der Bestellung abweicht, dass eine Genehmigung als ausgeschlossen angesehen werden muss, keine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit auslöst. Ein nicht genehmigungsfähiges aliud liegt jedenfalls vor, wenn ein vernünftiger Kaufmann erst gar nicht versuchen würde, den Vertrag damit zu erfüllen und auch gar nicht erwarten kann, dass der Käufer diese Ware akzeptiert. Indem die gelieferte Ware in keiner Weise dem Vertragsmuster entsprach, liegt ein nicht genehmigungsfähiges aliud vor, weshalb die Rügepflicht der Beklagten tatsächlich nicht bestand und das Hauptbegehren somit abzuweisen war. Hinsichtlich des Eventualbegehrens mangelt es der Klägerin an der Aktivlegitimation, weil der Herausgabeanspruch nicht von der Zession erfasst war.