06.06.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Eine Kostenübernahme für Haarwuchsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung kommt in Betracht, wenn der Haarausfall (als Nebenwirkung einer Krankenbehandlung) zu einem psychischen Leiden führt, das seinerseits als eigenes Grundleiden die Krankenbehandlung erforderlich macht


Schlagworte: Sozialrecht, Krankenversicherung, Krankheitsbegriff, Haarausfall
Gesetze:

§ 120 ASVG

In seinem Beschluss vom 20.03.2007 zur GZ 10 ObS 160/06m hat sich der OGH mit dem Krankheitsbegriff iSv § 120 Abs 1 Z 1 ASVG befasst:

Der Kläger leidet an Haarausfall als Nebenwirkung einer Bestrahlungstherapie. Die Gebietskrankenkasse lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Haarwuchsmittels ab.

Dazu der OGH: Ein "natürlicher" (altersbedingter) Haarverlust erwachsener männlicher Versicherter scheidet schon als nicht regelwidriger Körperzustand aus dem Krankheitsbegriff aus. Bejaht man demgegenüber bei einem bestrahlungsbedingten Haarverlust die Regelwidrigkeit, wird durch eine Behandlung (in Form der Förderung des Haarwuchses) in erster Linie ein störender optischer Zustand beseitigt. Eine Behandlung kann daher iSd § 133 Abs 3 ASVG nur dann als Krankenbehandlung gelten, wenn dadurch "anatomische oder funktionelle Krankheitszustände" beseitigt werden, wie etwa bei einer entstellenden Wirkung des Aussehens.

Löst das durch eine Tumorbehandlung verursachte Fehlen der Kopfbehaarung psychische Probleme mit Krankheitswert aus und kann davon ausgegangen werden, dass mit erfolgreicher Behandlung des Haarausfalls auch die psychischen Probleme des Versicherten behoben oder verbessert werden können, kann die Verabreichung von Haarwuchsmitteln auch als notwendige Krankenbehandlung der psychischen Erkrankung gesehen werden.