26.11.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Zweck der Rechnungslegung im Falle eines Markeneingriffs ist nicht die rechtliche Verfolgung der Lieferanten und Abnehmer


Schlagworte: Markenschutzrecht, Patentrecht, Rechnungslegung, Zollfreilager
Gesetze:

§ 55 MSchG, § 151 PatG

In seinem Erkenntnis vom 15.09.2005 zur GZ 4 Ob 145/05k hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Rechnungslegungspflicht nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG die namentliche Bekanntgabe von Lieferanten und Abnehmern umfasst:

Die Kläger begehrten aus Anlass einer behaupteten Markenrechtsverletzung die Unterlassung der Verwendung der Marke CANON, Rechnungslegung sowie Urteilsveröffentlichung. Grund dafür war, dass die Beklagte Originalware der Kläger, die für den US-amerikanischen Raum erzeugt worden war, im Wege eines Zollausschlussverfahrens in Österreich für einen späteren Weiterverkauf zwischenlagerte. Die Beklagte wandte ein, es liege kein Inverkehrbringen der Ware im EWR bzw. in Österreich vor, bot jedoch einen vollstreckbaren Vergleich an, der allerdings eine insofern eingeschränkte Rechnungslegung vorsah, als Lieferanten und Abnehmer auf den Originalbelegen unkenntlich gemacht und nur gegenüber einem Sachverständigen offengelegt werden sollten.

Der OGH führte dazu aus: Soweit Waren, die das Markenrecht eines anderen verletzen, aus einem nicht der EU zugehörigen Staat eingeführt, in einem österreichischen Zollfreilager für eine spätere Ausfuhr in einen anderen nicht der EU zugehörigen Staat zwischengelagert werden, gelten diese als in Verkehr gebracht, womit ein Verstoß gegen das Markenrecht vorliegt. Der Umfang des grundsätzlichen Rechnungslegungsanspruches im Falle eines Markeneingriffs richtet sich nach dem Zweck der Rechnungslegung, der überdies auch ausschlaggebend für die Frage der Vorlage von Belegen ist. Zwischen dem Interesse der Kläger an der Prüfung der Rechnungslegung zur Bezifferung ihres Leistungsbegehrens und dem Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung der Vertragspartner ist eine Abwägung durchzuführen. Dies führt zum Ergebnis, dass die von der Beklagten angebotene Rechnungslegung für das Klagebegehren ausreicht, weil Zweck der Rechnungslegung nicht die Rechtsverfolgung von Lieferanten und Abnehmern ist und das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten andernfalls unverhältnismäßig beeinträchtigt wäre.