11.01.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Eine bloße Rückstellung der Garantieurkunde reicht für sich allein noch nicht aus, um die Verpflichtung des Garanten zum Erlöschen zu bringen


Schlagworte: Vertragsrecht, Bankgarantie, Begünstigter, Auftraggeber, Garant, Rückstellung
Gesetze:

§§ 914, 915 ABGB, § 863 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 18.10.2005 zur GZ 1 Ob 206/05h hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Retournierung einer Garantieurkunde bereits ausreicht, um die Garantieverpflichtung zum Erlöschen zu bringen:

Dem Begehren des Klägers auf Zahlung der Garantiesumme wurde von der Beklagten entgegengehalten, dass die Zahlungsverpflichtung durch die Retournierung der Garantieurkunde entsprechend der im Garantieschreiben enthaltenen diesbezüglichen Klausel erloschen sei. Der Kläger hatte die Urkunde tatsächlich verloren, jedoch die beklagte Bank vom Verlust nicht in Kenntnis gesetzt. Durch wen die Rückstellung erfolgt ist, konnte nicht festgestellt werden.

Der OGH führte dazu aus: Für die Auslegung der Erklärung des Garanten sind die §§ 914, 915 ABGB anzuwenden. Sinn und Zweck einer Klausel, die im Falle einer Retournierung der Garantieurkunde ein Erlöschen der Garantie vorsieht, ist auch die Wahrung des Interesses des Auftraggebers und des Garanten, dass im Falle des Erlöschens der besicherten Verpflichtung auch die Garantieverpflichtung erlischt. Eine Rückstellung der Urkunde für sich allein bewirkt aber noch kein Erlöschen der Garantie, sofern nicht ein Verzichtswille des Begünstigten erkennbar ist. Bei der Beurteilung eines Verhaltens, ob dieses als Verzicht auf die Geltendmachung eines Rechts anzusehen ist, muss ein besonders strenger Maßstab angewandt werden. Es darf kein vernünftiger Grund vorliegen, der Bedenken auslösen könnte, der Berechtigte wolle sein Recht nicht mehr in Anspruch nehmen.